Roland Berger Automobil-Ausblick 2040


Roland Berger Automobil-Ausblick 2040


Bestimmen Sie das Tempo für den bevorstehenden Marathon


Die Automobilindustrie befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Umbruchs, der für die Unternehmen Herausforderungen und Chancen bereithält. Alle Akteure – Hersteller und Zulieferer, etablierte Unternehmen und neue Marktteilnehmer – müssen sich auf den Marathon vorbereiten, den die Verschiebung des Kräfteverhältnisses, die Verbreitung neuer Technologien und die Umgestaltung der Lieferketten mit sich bringt. Das Tempo des Wandels in den nächsten anderthalb Jahrzehnten könnte für einige überwältigend sein – für andere der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft.

In unserer neuen Analyse der Autoindustrie bis zum Jahr 2040 haben wir vier Entwicklungen identifiziert, die sich von den zahlreichen kurzfristigen Trends, die den Markt beeinflussen, abheben. Wir sind überzeugt, dass diese vier Megatrends den Wandel der Branche bis 2040 maßgeblich prägen werden. Die Automobilwelt wird demnach polarisiert (Polarized), automatisiert (Automated), vernetzt (Connected) und elektrifiziert (Electrified). Die Anfangsbuchstaben der vier Trends ergeben das Wort PACE (Tempo). Hersteller und Zulieferer, die ihre Zukunft aktiv gestalten wollen, müssen diese Trends und ihre Auswirkungen auf ihr Geschäft kennen und verstehen.

Mehr noch: Sie müssen sie in ihre strategische Planung für die nächsten 15 Jahre und darüber hinaus integrieren.

Auch wenn alle Industrieunternehmen in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen stehen, ist offensichtlich, dass der Automobilsektor einer der dynamischsten und spannendsten Bereiche bleiben wird. Der Schwerpunkt wird sich verschieben, die Technologie wird sich weiterentwickeln, Organisationsstrukturen werden sich verändern und innovative Geschäftsmodelle werden entstehen.

Wie können Automobilhersteller und -zulieferer die Trends in derart turbulenten Zeiten beherrschen und sicherstellen, dass sie vom Marktwachstum profitieren? Auf der Grundlage unserer eingehenden Analyse geben wir Empfehlungen, wie sich versierte Akteure am besten auf den bevorstehenden Wettkampf vorbereiten.  


Treibende Kräfte

Die vier Megatrends der Branche

Um zu verstehen, welche Faktoren die Automobilindustrie bis 2040 verändern werden, haben wir den Sektor und die ihn beeinflussenden Trends eingehend analysiert. Diese Daten haben wir mit Erkenntnissen unseres globalen Expertenteams sowie den Ergebnissen ausführlicher Gespräche mit Fach- und Führungskräften aus der Automobil- und Zuliefererindustrie angereichert.

Die Schlüsse, die unsere Untersuchung nahelegen, sind zwingend. Demnach werden die nächsten 15 Jahre durch eine zunehmende Polarisierung der Automobilmärkte zwischen West und Ost gekennzeichnet sein, die den bisherigen Trend zur Globalisierung ersetzt. Gleichzeitig wird die Automatisierung die Automobilindustrie und ihre Lieferketten weiter verändern, insbesondere durch den Einsatz autonomer Fahrzeuge und die weit verbreitete Anwendung von KI (künstlicher Intelligenz) in allen Teilen der Wertschöpfungskette der Fahrzeugproduktion. Fahrzeuge werden außerdem immer stärker vernetzt sein und praktisch zu Computern auf Rädern werden. Der unaufhaltsame Anstieg der Elektromobilität wird schließlich dazu führen, dass E-Autos die von ICEs (Verbrennungsmotoren) angetriebenen Fahrzeuge auf unseren Straßen ersetzen. Tatsächlich geht unser Basisszenario von einem Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge von 71 Prozent im Jahr 2040 aus, während unser Downside-Case-Szenario von einem Anteil von 64 Prozent ausgeht, vorbehaltlich regionaler Unterschiede bei der EV-Durchdringung.


Treibende Kräfte – Vier Megatrends, die die Autoindustrie bis 2040 prägen werden

1. Polarized

Unternehmen der Automobilindustrie brauchen einen regional differenzierten Ansatz und  einen neuen globalen Marktfokus


2. Automated

Automatisierung schafft neue Gewinnquellen, während KI-gesteuerte Technologie neue Kostenvorteile erschließt 


3. Connected

Machen Sie sich bereit für einen Paradigmenwechsel in der Struktur der Automobilindustrie


4. Electrified

Die Einführung von Elektrofahrzeugen (EVs) in allen Segmenten wird den Kampf um Marktanteile verschärfen


Mobilität im Jahr 2040

Die Zukunft des Privatwagens

Autos für den privaten Gebrauch sind entscheidend für die Befriedigung unserer Mobilitätsbedürfnisse. Wenn sich die weltweite Nachfrage ändert oder Mobilitätspräferenzen der Verbraucher verschieben, können die Auswirkungen auf die Produktion, die Lieferkette und den Absatz von Fahrzeugen erheblich sein. Automobilhersteller und Marktanalysten prognostizieren schon seit einiger Zeit einen drastischen Rückgang der Nutzung von Privatfahrzeugen und die Umwandlung der heutigen Automobilhersteller in bloße „Mobilitätsdienstleister“ für Verbraucher und Industrie. Viele Automobilhersteller haben ihre langfristige Strategie auf diese Annahme gestützt.

Unsere Untersuchungen zeichnen ein etwas anderes Bild. Obwohl sich die Mobilitätsgewohnheiten sowohl vor als auch nach der Pandemie geändert haben und sich der Trend zu On-Demand-Mobilität als Dienstleistung fortsetzen wird, beschränken sich diese Trends hauptsächlich auf die größten Ballungsgebiete – Regionen, die weniger als zehn Prozent der weltweit mit dem Auto zurückgelegten Kilometer ausmachen. Wir rechnen daher bis zum Jahr 2040 mit keinen größeren Umwälzungen in der Automobilbranche. Vielmehr wird erwartet, dass die Nachfrage nach Mobilität in den meisten Regionen der Welt weiterhin mit einer Rate von etwa zwei bis drei Prozent pro Jahr wachsen wird, was hauptsächlich auf die wirtschaftliche und demografische Entwicklung zurückzuführen ist. Während Automobilhersteller die Entwicklung des Mobilitätsverhaltens und der Nachfrage nach Mobilitätslösungen durch die Verbraucher sorgfältig beobachten sollten, werden die maßgeblichen Veränderungen in der Industrie im Zeitraum bis 2040 in anderen Bereichen stattfinden. 


Link zum Vertiefungsthema Mobilitätsverhalten

Marktdynamik

Die Entwicklung von Produkten und Regionen

Wie wird der Automobilmarkt in der PACE-Welt des Jahres 2040 aussehen? Wir erwarten, dass etwa 70 Prozent der Fahrzeuge weltweit BEVs (batterieelektrische Fahrzeuge) und weitere 20 Prozent Hybride sein werden. Fast alle Fahrzeuge werden auf dem SDV-Ansatz (Software-Defined Vehicle) basieren, der neue Geschäftsmodelle und eine viel engere Integration des Fahrzeugs in die Welt der intelligenten Geräte des Verbrauchers ermöglicht. Aus regionaler Sicht haben die westlichen Märkte, Japan und Korea bereits den Höhepunkt der Autokonjunktur erreicht oder werden ihn bald erreichen, während wir in China bis 2040 einen Anstieg des Pkw-Absatzes um etwa sechs Millionen erwarten. Der Globale Süden wird sich dank seines Wirtschaftswachstums und der schnell wachsenden, jungen Verbraucherpopulationen wahrscheinlich als Wachstumsmarkt der Automobilindustrie etablieren.

Wachsende Umsätze können Unternehmen der Branche vor dem Hintergrund stagnierender oder rückläufiger Volumina auf den westlichen Märkten, in Japan und Korea nur dann erzielen, wenn sie die Verkaufspreise ihrer Autos weiter anheben und neue Einnahmequellen entlang des Verbraucherlebenszyklus´ erschließen – etwa, indem sie den Trend zu höheren Fahrzeugsegmenten fortsetzen. In China können sich die Anbieter auf ein volumenbasiertes Wachstum und einen schnell wachsenden Einnahmepool verlassen. Obwohl die branchenweiten Einnahmequellen im Globalen Süden aufgrund des höheren Anteils günstigerer Fahrzeuge begrenzter sind, wäre es für die Unternehmen falsch, diese Märkte zu ignorieren.


Wettbewerbsdynamik

Navigieren im Wandel


Welche Auswirkungen haben die PACE-Trends auf Hersteller und Zulieferer der Automobilbranche im Jahr 2040? Klar ist: Das Gleichgewicht der Kräfte verschiebt sich zugunsten chinesischer Akteure. Aber es gibt Chancen für westliche OEMs, sich zurückzukämpfen. Denn der Druck durch anhaltende makroökonomische und geopolitische Spannungen wird zunehmen, und technologische Veränderungen – insbesondere in den Bereichen Elektrifizierung und Konnektivität – werden sowohl die Lieferketten als auch das Wettbewerbsumfeld radikal verändern.

Um die Chancen zu nutzen, müssen Unternehmen frühzeitig strategische Maßnahmen ergreifen. Zulieferer werden feststellen, dass sich die Einnahmequellen in unterschiedlichem Tempo entwickeln, wobei einige Marktsegmente (z.B. ICEs) schrumpfen oder stagnieren (z.B. Karosserie, Innenausstattung und Fahrwerk), während andere expandieren (z.B. BEV-Antriebsstrang, Hochvoltbatterien und Elektronik/Elektrik). Auch sie werden ihre Strategie an diese Trends anpassen und entschlossen handeln müssen, um einen angemessenen Marktanteil zu erobern oder zu verteidigen.


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