Konnektivität und softwaredefinierte Fahrzeuge

Automotive 2040
Konnektivität und softwaredefinierte Fahrzeuge

30. Oktober 2024

Computer auf Rädern? Wie der SDV-Ansatz einen Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie bewirkt

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Roland Berger@CES

Einer der vier PACE-Megatrends, die wir im Roland Berger Automotive Outlook 2040 ausgemacht haben, ist die zunehmende Vernetzung. Diese größere Konnektivität ist auf die Verbreitung der sogenannten softwaredefinierten Fahrzeuge (Software Defined Vehicles, kurz SDVs) zurückzuführen. Diese nutzen Software statt Hardware, um Fahrzeugfunktionen zu ermöglichen.

Wir sind der Meinung, dass der SDV-Ansatz bis 2040 universell eingesetzt wird, weil er sowohl Fahrern als auch Herstellern erhebliche Vorteile bietet. Beispielsweise können neue Funktionen und Features sofort ins Fahrzeug integriert werden, sobald sie entwickelt wurden – durch Software-Updates. Es ist sogar wahrscheinlich, dass sich softwarebasierte Faktoren wie Sicherheitsfunktionen, personalisierte Features oder verbesserte Konnektivitätsoptionen zu den wichtigsten Kaufkriterien für Kunden entwickeln und hardwarebezogene Merkmale wie Geschwindigkeit oder Beschleunigung des Fahrzeugs in ihrer Bedeutung sogar übertreffen werden.

SDVs verändern das Kundenerlebnis auf fundamentale Weise. Sie lassen sich nahtlos mit anderen digitalen Diensten und Plattformen integrieren, die die Nutzenden bereits kennen, etwa Sprachassistenten, Musik- und Videostreaming sowie Smart-Home-Geräte. Sie sind so konzipiert, dass sie mit anderen Fahrzeugen, der umgebenden Infrastruktur und der Cloud verbunden sind, was Echtzeit-Verkehrsaktualisierungen, Ferndiagnosen, Over-the-Air-Software-Updates und die Integration in Smart-City-Netzwerke ermöglicht. Außerdem bieten sie Vorteile im Bereich Personalisierung: So kann das Fahrzeug an die Vorlieben einzelner Fahrender angepasst werden, vom Infotainment bis hin zur Navigation. Darüber hinaus integrieren SDVs ADAS (Advanced Driver Assistance Systems), also fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme, sowie autonome Fahrfunktionen, die Sensoren, Kameras und KI-Algorithmen nutzen, um Aufgaben wie das Spurhalten, den adaptiven Tempomaten und das automatische Parken zu unterstützen.

Auswirkungen auf Automobilhersteller

Doch der SDV-Ansatz hat nicht nur Vorteile für Kunden. Auch die Automobilhersteller profitieren, etwa durch eine schnellere Markteinführung, Materialkostenvorteile, niedrigere Entwicklungskosten oder Skalierbarkeit über alle Fahrzeugsegmente hinweg – sowie durch die Möglichkeit von Over-the-Air-Updates, die ein zentraler Hebel für den Restwert von Fahrzeugen sind. Im Bereich Software sinken die Gesamtkosten um 26 Prozent im Vergleich zum traditionellen Ansatz. Auch wenn die Softwarekosten höher sind, entstehen erhebliche Einsparungen durch geringere Test-, Integrations- und Wartungskosten. Folglich erwarten wir, dass OEMs bis 2030 vollständig auf den SDV-Ansatz umsteigen, wobei verschiedene Akteure unterschiedliche Übergangspfade verfolgen werden.

Unsere Analyse zeigt, dass Fahrzeughersteller derzeit noch auf die Entwicklung eigener Elektrik/Elektronik(E/E)- und Softwarearchitekturen setzen – auch, weil es derzeit keine übergreifenden Standards oder Ökosysteme für Fahrzeugsoftware gibt. Das erschwert den Integrationsprozess und zwingt die Hersteller zu hohen Vorabinvestitionen.

Ökosysteme könnten in Zukunft dazu beitragen, diese Probleme zu lösen und eine stärkere Standardisierung zu begünstigen. Wir sehen drei mögliche Entwicklungspfade für solche Ökosysteme: Der erste betrifft Ökosysteme, bei denen Halbleiter-Lieferanten ihre Hardwarelösungen durch passende Middleware ergänzen. Der zweite betrifft Ökosysteme, die von Tech-Playern vorangetrieben werden, um mit dem Automobilgeschäft Synergien mit ihrem Kerngeschäft zu nutzen. Der dritte Weg wird durch OEM-getriebene Ökosysteme charakterisiert, in denen Automobilhersteller versuchen, ihre Abhängigkeit von Dritten zu überwinden. In jedem Szenario ist das Ergebnis dasselbe: ein hardware-unabhängiger Industriestandard.

Veränderungen in der Wertschöpfungskette

Der Wechsel zum SDV-Ansatz wird erhebliche Veränderungen der Wertschöpfungskette im Bereich der Fahrzeugelektronik nach sich ziehen. Sollten übergreifende OEM-Ökosysteme entstehen, wären die Einsparungen für OEMs erheblich, aber die Milliardeninvestitionen in eigene Plattformen, die sie bereits getätigt haben oder planen, wären verschwendet. Für Tier-1-Lieferanten im Bereich Elektrik/Elektronik (E/E) wird der Druck von allen Seiten zunehmen, weil neue Marktteilnehmer versuchen, sich größere Marktanteile zu sichern. Dies wird Tier-1-Lieferanten möglicherweise dazu zwingen, ihr Geschäftsmodell neu zu erfinden. Gleichzeitig werden Halbleiterlieferanten in den E/E-Wertschöpfungsketten wichtiger werden, weil sie beginnen, Referenzdesigns und Software zu entwickeln, anstatt nur Komponenten zu liefern – obwohl das mögliche Entstehen von OEM-getriebenen Ökosystemen es ihnen zunehmend erschweren könnte, diese Marktposition bis 2040 zu halten.

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