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Care Monitor 2023: Jedes dritte Pflegeheim erwartet ein Defizit

Care Monitor 2023: Jedes dritte Pflegeheim erwartet ein Defizit

4. Juli 2023

Personalmangel und Kostendruck setzen Einrichtungen immer stärker unter Druck

Welche Themen treiben die Verantwortlichen von Pflegeeinrichtungen um? Wie schätzen sie die weitere Entwicklung ein und welche Maßnahmen ergreifen sie, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern? Die aktuelle Ausgabe des Care Monitors, den wir gemeinsam mit Care Invest erstellt haben, macht deutlich: Fachkräftemangel und hoher Kosten- beziehungsweise Effizienzdruck sind weiterhin die Faktoren, die die Wirtschaftlichkeit der befragten Pflegeeinrichtungen am stärksten prägen. Weitere maßgebliche Trends sind regulatorische Vorgaben durch den Bund, die demografische Entwicklung und das Thema Digitalisierung der Geschäftsmodelle. Die Grundlage der Analyse bildet eine Umfrage von Unternehmen im Pflegebereich mit rund 200 Teilnehmern.

Insgesamt zeigt sich die wirtschaftliche Situation der Pflegeeinrichtungen im Care Monitor 2023 sehr durchwachsen. Obwohl für das laufende Jahr vier von zehn Befragten mit einem Umsatzanstieg rechnen, erwarten 37 Prozent am Jahresende ein Defizit. Nur jedes fünfte Haus geht davon aus, einen Überschuss zu erwirtschaften. Mehr als ein Drittel rechnet mit einem Rückgang der Einnahmen, 23 Prozent erwarten keine Veränderung.

In der pessimistischen Einschätzung der wirtschaftlichen Aussichten für die nächsten fünf Jahre sind sich Häuser in privater wie in anderen Trägerschaften einig. So war der Anteil derer, die mit einer Verschlechterung rechnen, mit 85 Prozent noch nie so hoch wie diesmal . Vor einem Jahr lag der Wert noch bei 65 Prozent, 2020 erwartete nur gut die Hälfte eine Verschlechterung.

Steigende Personalkosten können immer seltener gedeckt werden

Auch die Liquiditätssituation bereitet den Verantwortlichen Sorgen. Für 2023 erwarten mehr als 60 Prozent einen Rückgang, nur 8 Prozent rechnen mit einem Anstieg. Unter den Einrichtungen mit negativen Liquiditätserwartungen finden sich kleine und große Häuser in gleichem Maße, auch bei der Art der Trägerschaft zeigen sich kaum Unterschiede.

Grund für die negativen Aussichten sind beispielsweise steigende Personalkosten, die nur bedingt refinanziert werden können. Auch die Folgen der am 1. September 2022 eingeführten Tarifpflicht wurden offenbar deutlich unterschätzt. So hat sie nach Angaben von fast zwei Drittel der Teilnehmenden sehr großen oder großen Einfluss auf die betriebswirtschaftliche Situation, im vergangenen Jahr hatten dies nur gut zwei Drittel so erwartet. Insbesondere private Pflegeeinrichtungen stehen durch die Tarifpflicht massiv unter Druck.

Höhere Preise und eine bessere Auslastung gelten als wichtigste Maßnahmen

Was wollen die Befragten zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation tun? Mit 85 Prozent der Nennungen rangiert die Verhandlung höherer Preise an erster Stelle, gefolgt von einer Steigerung der Auslastung (53 Prozent der Nennungen). Jeweils ein gutes Fünftel plant Erlössteigerungen durch die Vermarktung zusätzlicher Services und die Erweiterung des Leistungsportfolios.

Wie der aktuelle Care Monitor zeigt, erwarten die Pflegeheime auch einen Anstieg des Einrichtungseinheitlichen Eigenanteils (EEE). Dieser wird nach ihrer Einschätzung bis 2024 um rund 280 Euro auf dann mehr als 1.400 Euro steigen. Dadurch nimmt in der Konsequenz auch der Anteil der Sozialhilfeempfänger unter den Bewohnern zu. Im Vergleich zu 2021 ist er bereits deutlich größer geworden. So lag der Anteil nach dem Anstieg des EEE seit 2021 um mehr als 150 Euro bei 16 Prozent, ab 350 Euro bei 25 Prozent, bei mehr als 600 Euro steigerte sich der Anteil sogar um 30 Prozent.

Potenziale für Kostensenkungsmaßnahmen sehen die Teilnehmenden in erster Linie bei den Sachkosten. Andere Bereiche wie Finanzierungskosten, Mietbelastung oder Personalkosten sind von nachgeordneter Bedeutung.

"Dem Liquiditätsmanagement kommt immer größere Bedeutung zu. Basis hierfür ist jederzeitige Transparenz über die finanzielle Lage. Ebenso sollten sich die Verantwortlichen bei abnehmender Liquidität frühzeitig mit dem Thema Insolvenz befassen, um mit dem notwendigen zeitlichen Vorlauf zu agieren."
Portrait of Oliver Rong
Senior Partner
Hamburg Office, Zentraleuropa

An einer Personalstrategie führt kein Weg vorbei

Neue Mitarbeitende, das zeigt die aktuelle Auswertung, wollen die Heime vor allem durch eine Steigerung der Arbeitgeberattraktivität gewinnen. Hierbei stehen Angebote für eine bessere Work-Life-Balance und Investitionen in Führungskräfte und Teamentwicklung an erster Stelle. Außerdem sollen die Mitarbeitenden besser im Versorgungsgeschehen, beispielsweise durch Automatisierung administrativer Prozesse, entlastet werden. Finanzielle Anreize haben für die Befragten nur untergeordnete Bedeutung. Außerdem wollen die Einrichtungen künftig stärker Mitarbeiterempfehlungen und Social Media nutzen und die eigenen Ausbildungskapazitäten erhöhen. Honorarkräfte spielen eine zunehmend untergeordnete Rolle: 84 Prozent setzen aktuell keine mehr ein oder planen einen weiteren Abbau.

Im Bereich Immobilien setzt sich der Trend zur Sanierung fort. Für 82 Prozent der Befragten liegt hier der Schwerpunkt. Oberstes Ziel bleibt die Verbesserung beziehungsweise der Erhalt der Attraktivität für Bewohner, aber auch Effizienzgesichtspunkte und die Aufrechterhaltung des Betriebs werden als Gründe für Sanierungen angeführt.

Digitalisierungsmaßnahmen werden in den Häusern weiterhin flächendeckend umgesetzt. Allerdings decken die aktuellen Investitionsbudgets immer seltener die Ausgaben. In zwei von drei Einrichtungen übersteigen die Ausgaben die bereitstehenden Mittel.

Handlungsempfehlungen: Kapazitätsauslastung und Mitarbeiterbindung haben oberste Priorität

Um ihren Betrieb aufrechterhalten und dabei eine zufriedenstellende Wirtschaftlichkeit erzielen zu können, sind die Einrichtung auf eine optimale Auslastung der vorhandenen Kapazitäten angewiesen. Limitierender Faktor sind hier die personellen Ressourcen. Insbesondere der steigende Anteil von Sozialhilfeempfängern erfordert den Aufbau eines engmaschigen Liquiditäts- und Ergebniscontrollings, um in kritischen Lagen frühzeitig gegensteuern zu können. Regelmäßige Pflegesatzverhandlungen können ebenfalls dazu beitragen, der höheren Kostendynamik gerecht zu werden.

Im Handlungsfeld Personal kommt es in erster Linie darauf an, vorhandene Mitarbeiter durch entsprechende Maßnahmen zu halten. Dabei spielt eine wirksame Trennung von Arbeits- und Privatleben eine zentrale Rolle. Außerdem sollten die Häuser selbst Pflegehilfskräfte und Assistenzkräfte ausbilden, um künftigen Personalanforderungen gerecht werden zu können. Der Einsatz von Honorarkräften sollte auf kurzfristige Personalengpässe beschränkt werden.

Ihre Immobilienportfolios sollten Pflegeeinrichtungen künftig noch aktiver als bisher managen. Langfristige Partnerschaften mit Vermietern können dabei helfen, angespannte Liquiditätssituationen zu überbrücken. Außerdem empfiehlt es sich, über eine Dynamisierung der Investitionshöhe in die Bestandsimmobilie zu verhandeln.

Auch das Thema Digitalisierung bleibt auf der Tagesordnung. Dabei sollten Maßnahmen im Vordergrund stehen, die die Mitarbeitenden im Alltag wirksam entlasten. Gleichzeitig sollten die Heime Digitalisierung auch stärker als Geschäftsmodell begreifen und nach Wegen suchen, Erlösquellen außerhalb der reinen Pflege zu erschließen.

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