Das Auto wird zu einem Computer auf Rädern
Das Auto der Zukunft ist ein elektrifizierter, halbautonomer Computer auf Rädern – der eine ganze Branche auf den Kopf stellt.
Von Falk Meissner
Über 120 Jahre war das Auto ein Mittel zum Zweck mit dem Ziel, in möglichst kurzer Zeit von einem Ort zu einem anderen zu gelangen. Das Fahrzeug stand als isoliertes System mit Motor in der Garage und wurde bei Bedarf an- und wieder ausgeschaltet. In den vergangenen Jahren hat sich das Schritt für Schritt geändert – und der Wandel wird in naher Zukunft noch viel prägnanter sein als zuletzt. Die Autos der Zukunft sind Computer auf Rädern und permanent mit ihrer Umgebung vernetzt. Welche weitreichenden Folgen dies für die gesamte Automobilbranche hat, zeigt die Studie „Computer on Wheels / Disruption in Automotive Electronics and Semiconductors“ von Roland Berger.
Die meisten Innovationen im Automobilsektor basieren auf Elektronik oder Software. So wird das Auto mehr und mehr zu einem System innerhalb eines Systems von Systemen – und überdies Teil des Internets der Dinge (IoT). Diese Entwicklung auch eine Kehrseite: Der „Computer auf Rädern“ führt zu dramatischen Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Die elektronische Architektur des Automobils ändert sich grundlegend. In diesem Zuge werden Hard- und Software stärker voneinander entkoppelt. Das hat unter anderem zur Folge, dass die Rollen aller Akteure neu definiert werden müssen: Während OEMs künftig erhebliche Ressourcen für die Modulintegration aufwenden werden, entwickeln sich Halbleiterhersteller zunehmend auch zum Softwareanbieter. Unterdessen werden Dienstleister in andere Bereiche expandieren, während die Softwarelieferanten künftig an der gesamten Wertschöpfungskette partizipieren.
In Teilen hat die Branche bereits auf diese Entwicklungen reagiert: Beispielsweise gehen Autobauer Partnerschaften mit Konkurrenten ein und schließen sich mit Halbleiterspezialisten in Konsortien zusammen. Neue Wege, die sich in Zukunft häufen werden, weil sie sich häufen müssen.
Der „Computer auf Rädern“ rüttelt aber nicht nur an den gelernten Rollen. Er schlägt sich auch in den Kosten für die Automobilelektronik nieder. Der finanzielle Aufwand für elektronische Module liegt bei einem typischen Premiumwagen mit Verbrennungsmotor heute bei 3.145 US-Dollar. Bei einem halbautonom fahrenden, elektrifizierten Auto, dies geht aus der Studie weiter hervor, werden sich diese Kosten bis zum Jahr 2025 auf 7.030 US-Dollar mehr als verdoppeln.
Etwa ein Viertel (725 US-Dollar) der Kosten lassen sich im Allgemeinen auf die Digitalisierung zurückführen. Stärkster Kostentreiber ist aber die Elektromobilität. Denn mehr als die Hälfte dieses Kostenanstiegs (2.235 US-Dollar) resultiert aus der Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Beim autonomen Fahren entfallen die zusätzlich benötigen Mittel für Automobilelektronik (925 US-Dollar) übrigens größtenteils auf Rechenleistung und Sensorik.
Angesichts dieser und anderer dramatischen Veränderungen kann es sich kein Akteur leisten, einfach wie bisher weiter zu machen. Vielmehr müssen etwa drängende Fragen beantwortet werden. Wie lässt sich über ein veränderndes Rollenverständnis ein Wettbewerbsvorteil erreichen? Welche Partnerschaften und Fähigkeiten müssen auf- beziehungsweise ausgebaut werden? Und wie sieht der beste Ansatz bei der Beschaffung von Elektronik und Halbleitern aus?
Für diese und weitere Fragen haben wir einen Vier-Punkte-Plan für die Industrie entwickelt, der als Grundlage für alle nötigen Schritte dient. Diesen Plan und zusätzliche Informationen zum Thema finden Sie in der Studie „Computer on Wheels / Disruption in Automotive Electronics and Semiconductors“ von Roland Berger.
Das Auto der Zukunft ist ein elektrifizierter, halbautonomer Computer auf Rädern – der eine ganze Branche auf den Kopf stellt.