Robuste Organisationen
Roland Berger veröffentlicht regelmäßig Studien zum Thema Robustheit – darin wird erörtert, wie Organisationen gestärkt aus Wandel, Disruption und Krisen hervorgehen können.
Von Volker Rothfuss
Auch den Hubschrauberhersteller Airbus Helicopters treibt die Suche nach Talenten an. In das allgemeine Wehklagen stimmt Arbeitsdirektor Frank Müller aber nicht ein. Sein Credo: Unternehmen finden genügend Interessenten, wenn sie bereit sind, neue, unkonventionelle Wege zu gehen. Er setzt unter anderem auf aktive Ansprache und spezielle Rekrutierungsteams. Ein Gespräch darüber, wo und wie sich Unternehmen den Anforderungen der jungen Generation öffnen sollten und warum in Profilen, die auf den ersten Blick nicht passend erscheinen, eine große Chance liegt.
Airbus Helicopters, die Hubschrauber-Division von Airbus, ist ein weltweit führender Hubschrauberhersteller. Das Unternehmen erwirtschaftete im Jahr 2023 mit rund 22.300 Mitarbeitenden einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro und liefert sowohl Militär- als auch Zivilhubschrauber aus. Darüber hinaus ist Airbus Helicopters als Zulieferer von Passagier- und Frachttüren für Flugzeuge tätig.
Frank Müller ist seit Ende 2022 Geschäftsführer Human Resources und Arbeitsdirektor von Airbus Helicopters in Deutschland und hatte zuvor zahlreiche Führungspositionen bei Airbus inne. In seiner aktuellen Rolle leitet er den HR-Bereich des Hubschrauberherstellers in Deutschland und ist verantwortlich für das Personalmanagement und die Weiterentwicklung der Personalstrategie.
Volker Rothfuss: Welche aktuellen Herausforderungen sehen Sie für die Arbeitswelt beziehungsweise für die Arbeit Ihrer HR-Abteilung?
Frank Müller: Ein Thema, das uns wie viele andere Unternehmen intensiv beschäftigt, ist der Fachkräftemangel. Allerdings möchte ich nicht das Bild zeichnen, das derzeit überall vorherrscht. Wir finden nach wie vor sehr gute neue Mitarbeitende, aber wir sehen auch, dass wir anders agieren müssen als in der Vergangenheit, um unseren Nachwuchs zu sichern. Wir müssen noch aktiver auf Bewerberinnen und Bewerber zugehen, aber auch die Potenziale unserer Mitarbeitenden fördern und besser entwickeln.
Volker Rothfuss: Worauf setzen Sie besonders?
Frank Müller: Das ist ein Bündel von ganz unterschiedlichen Maßnahmen. Angefangen bei sehr intensiven Kooperationen mit Hochschulen, denn nur so sind wir in der Lage, Mitarbeitende sehr früh an uns zu binden. Es geht weiter mit einer breiten lokalen Vernetzung, um beispielsweise Zugänge zu Jugendlichen zu bekommen und sie als Auszubildende zu gewinnen. Das heißt, wir müssen sowohl in die Schulen gehen als auch verstärkt in den sozialen Medien aktiv sein, denn das ist der Ort für Information und Austausch, auf den es ankommt. Wir setzen sehr gezielt unsere jungen Mitarbeitenden und Azubis als Testimonials ein, um nach außen zu kommunizieren. Wir nutzen Talentnetzwerke und initiieren mit Erfolg gezielte überregionale Kampagnen. Im vergangenen Jahr haben wir eine große Offensive in Süddeutschland gestartet, bei der wir Marketingaktionen an Flughäfen, Bahnhöfen und in den Städten durchgeführt haben, um Airbus bekannter zu machen. Wir müssen mehr investieren, aber es lohnt sich und die Marke Airbus und die Attraktivität unserer Produkte helfen uns, die richtigen Menschen für uns zu begeistern.
Volker Rothfuss: Was macht den Namen Airbus Ihrer Meinung nach so attraktiv?
Frank Müller: Es ist wichtig zu betonen, dass wir nicht einfach nur Teile herstellen, die irgendwann in der Lieferkette verschwinden, weil sie zum Beispiel in Autos eingebaut werden. Hier bei Airbus entstehen technologisch faszinierende Endprodukte, zu denen jeder Mitarbeitende seinen Teil beiträgt. Das Thema Purpose ist gerade für die jüngere Generation sehr wichtig – zu sehen, dass die eigene Arbeit Teil eines großen Ganzen ist. Für die ganz Technologiebegeisterten geht es noch einen Schritt weiter. Für sie spielt es eine große Rolle, den Traum vom Fliegen zu verwirklichen.
Volker Rothfuss: Macht es für Sie einen Unterschied, ob Sie um Hochschulabsolventen, Auszubildende oder Quereinsteiger werben, oder sind alle Bereiche gleichermaßen umkämpft?
Frank Müller: Herausfordernd ist es überall. Zumal wir den Anspruch haben, den Anteil von Frauen konsequent zu erhöhen, insbesondere in den technischen und produzierenden Bereichen. Wir verfolgen eine gezielte Ansprache von Frauen, um sie für unser Unternehmen zu gewinnen. Wir stellen fest, dass es immer schwieriger wird, Frauen für die sogenannten MINT-Berufe zu begeistern. Hier setzen wir noch stärker auf unsere Präsenz und unsere Überzeugungskraft direkt an den Hochschulen. Ein Baustein ist die finanzielle Förderung talentierter Frauen durch die Vergabe von Stipendien. Wir stellen Werkstudentinnen ein und ermöglichen Studierenden, ihre Bachelor- oder Masterarbeit bei uns zu schreiben. Inzwischen wissen wir: Von alleine kommen die wenigsten, wir müssen schon selbst aktiv werden, um unsere Ziele zu erreichen.
Volker Rothfuss: Welchen Einfluss hat der Standort bei der Rekrutierung von Talenten?
Frank Müller: Den gibt es schon, aber wir kontern ihn. Wir müssen überregional attraktiv sein und Menschen aus den Metropolen an unsere Standorte locken. Donauwörth ist eben nicht München, Berlin oder Hamburg. Wir setzen andere Akzente: Purpose, familiäre Kultur und internationale Karrierechancen. Im Mittelpunkt steht die Attraktivität unserer Arbeitsplätze. Potenzielle Kandidaten sollen sagen: „Da will ich hin.“
Volker Rothfuss: Neben Standort, Kultur und Karrierechancen legen junge Talente ihr Augenmerk zunehmend auch auf das Thema Nachhaltigkeitsbestrebungen. Was unternimmt Ihr Unternehmen konkret im Bereich Nachhaltigkeit und welche Bedeutung messen Sie dem Thema für die Attraktivität von Airbus Helicopters bei?
Frank Müller: Es ist wichtig, dass wir klare Antworten geben. Als Unternehmen verfolgen wir eine klare Dekarbonisierungsstrategie. Dazu setzen wir verschiedene Technologien ein. Nachhaltiges Wirtschaften ist für uns ein wichtiges Argument im Wettbewerb um Talente. Unsere Personalpolitik ist auf Authentizität und Substanzerhalt ausgerichtet. Wir haben viele laufende Projekte zur CO2- und Abfallreduzierung. Wir setzen uns jedes Jahr neue Ziele und machen transparent, ob und wie wir sie erreicht haben. Das ist wichtig, damit Menschen, die zu uns kommen, sehen, dass unsere Nachhaltigkeitsbemühungen echt sind. Bei uns kann man die Arbeit an nachhaltiger Mobilität hautnah erleben – zum Beispiel mit dem elektrisch angetriebenen CityAirbus, der senkrecht starten und landen kann und in diesem Jahr seinen Erstflug absolviert.
Volker Rothfuss: Welche Rolle spielen die Transformationsthemen Digitalisierung und Automatisierung?
Frank Müller: Eine sehr große. Die Digitalisierung ist bei uns allgegenwärtig und wird im gesamten Unternehmen vorangetrieben. Seit zehn Jahren haben wir ein eigenes Team, das sich ausschließlich auf Themen der technologischen, kulturellen und organisatorischen Transformation konzentriert. Wir verstehen das nicht als einmaligen Sprint, sondern als eine Daueraufgabe, die uns auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten begleiten wird. Unser Credo ist und bleibt, in vernünftigen und wohldosierten Schritten voranzugehen – und Digitalisierung nicht nur um der Digitalisierung willen zu betreiben.
Volker Rothfuss: Hat sich dadurch die Arbeitsweise intern und mit den Kunden signifikant verändert – Stichwort Homeoffice?
Frank Müller: Grundsätzlich ist das Thema digitale Zusammenarbeit für uns extrem wichtig, aber auch nicht neu. Als internationales Unternehmen mit verschiedenen Standorten sind wir es gewohnt, teamübergreifend digital zusammenzuarbeiten – auch schon vor der Coronapandemie. Wir sind gut durch diese Zeit gekommen, weil wir alle Möglichkeiten der digitalen Kommunikation genutzt haben. Das tun wir auch heute noch, aber wir haben gelernt, dass eine ausgewogene Mischung aus mobiler Arbeit und persönlicher Präsenz entscheidend ist. Das lässt sich nicht von oben verordnen, sondern basiert auf einem verantwortungsvollen Miteinander von Mitarbeitenden und Vorgesetzten. Aus der Natur unseres Geschäfts resultiert, dass es Aufgaben gibt, die sich einfach nicht aus dem Homeoffice erledigen lassen. Der persönliche Austausch mit unseren Kunden, Lieferanten und zwischen den Teams bleibt für uns essenziell.
Volker Rothfuss: Wie Sie bereits erwähnten, ist es für Airbus Helicopters eine Herausforderung, eine ausreichende Anzahl an Fachkräften in den verschiedenen Disziplinen des Unternehmens zu gewinnen. Spannende Jobs mit anspruchsvollen Ausbildungen und guten Verdienstmöglichkeiten. Wie motivieren Sie auch Mitarbeitende ohne Studium, diesen Weg zu gehen?
Frank Müller: Indem wir auf die vielfältigen Möglichkeiten verweisen, die Karriereleiter weiter aufzusteigen. Ich selbst bin vor rund 40 Jahren als Auszubildender bei Airbus gestartet. Wir betreiben seit einigen Jahren eine strategische Personalplanung auch für Nichtakademiker, die es uns ermöglicht, die Anforderungsprofile für die Zukunft besser einschätzen zu können. Im akademischen Bereich stimmen wir uns inzwischen eng mit den Hochschulen ab. Zum Glück sind viele Hochschulen offen für den Dialog und wollen wissen, wohin die Trends gehen. Ein Beispiel ist das Thema Cybersicherheit, das wir gemeinsam angehen. Wichtig ist, dass wir uns regelmäßig mit den Fachbereichen treffen, um gezielt und strukturiert über Nachhaltigkeit und zukünftige Technologien zu sprechen.
Volker Rothfuss: Wie lassen sich zukünftig benötigte Profile, die heute noch nicht existieren, frühzeitig erkennen und entwickeln?
Frank Müller: Wichtig sind vor allem die Profile, die beim nächsten Marktumbruch, bei der nächsten technologischen Disruption gefragt sein werden. Das betrifft nicht nur den Hochschulbereich, sondern auch die Ausbildung. Unser Ausbildungsleiter und ich betreiben jedes Jahr einen sehr intensiven Austausch, in dem wir gemeinsam analysieren, ob wir noch die richtigen Ausbildungsberufe im Portfolio haben oder ob wir in eine andere, neue Richtung gehen müssen. Damit fahren wir sehr gut. Dennoch können Engpässe bei Qualifikationen auftreten – so, wie wir dies kürzlich bei Elektrikern hatten. Darauf haben wir schnell und pragmatisch reagiert: Wir haben Personen mit fachähnlichen Profilen an Bord geholt und sie über ein Qualifizierungsprogramm gemeinsam mit anderen Partnern (u.a. die Industrie- und Handelskammer) fit gemacht für die neue Rolle.
Volker Rothfuss: Seit wann ist die strategische Personalplanung und -entwicklung ein Schwerpunkt Ihrer HR-Arbeit?
Frank Müller: Wir verfolgen dieses wichtige Thema bereits seit einigen Jahren. Inzwischen ist das System ausgerollt und sehr gut etabliert. Ein Erfolgsfaktor ist sicherlich, dass wir die Dinge gemeinsam mit dem Betriebsrat umsetzen – Grundlage ist eine konzernweite Betriebsvereinbarung zur strategischen Personalplanung. Erst kürzlich haben wir gemeinsam das Thema Flexibilisierung mit einem neuen Konzept für Leiharbeit und Werkverträge angepackt. Strategische Personalplanung spielt dabei eine wichtige Rolle, weil sie letztlich den Rahmen für alles schafft – auch für die später folgenden operativen Planungen, wo wir Mengengerüste diskutieren. Der Zyklus der strategischen Personalplanung umfasst einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren, im Gegensatz zu drei Jahren bei operativen Planungen. Wir steuern also sehr früh. Wenn wir Mitarbeitende rechtzeitig für andere Aufgaben umqualifizieren, müssen wir nicht Jahre später Diskussionen über mögliche Personalüberhänge führen.
Volker Rothfuss: Welche Rolle spielen die Führungskräfte bei der strategischen Personalplanung?
Frank Müller: Sie spielen die entscheidende Rolle, letztlich steht und fällt alles mit dem Thema Leadership. Wir brauchen nicht nur fachlich qualifizierte Führungskräfte, sondern vor allem Führungspersönlichkeiten, welche die ihnen anvertrauten Mitarbeitenden verstehen, entwickeln und fördern können. Da wir bei der Auswahl unserer Führungskräfte sehr auf diese Aspekte achten, ist auch der Kulturwandel bei uns allgegenwärtig. Wir konzentrieren uns bei allen Programmen und Entwicklungsmaßnahmen im Rahmen der Personalentwicklung ganz auf das Thema Kultur und Leadership.
Volker Rothfuss: Sie stellen sich damit gegen den Mainstream, denn in vielen Köpfen ist immer noch die Vorstellung verankert, dass eine hohe fachliche Qualifikation automatisch die Eignung für eine Führungsposition bedeutet. Wie genau wählen Sie Ihre Führungskräfte aus?
Frank Müller: Zunächst trennen wir das Feld, indem wir für fachlich hoch qualifizierte Experten zum Beispiel im Engineering eine Expertenlaufbahn anbieten, in der sie bestimmte Hierarchiestufen erreichen können, ohne Personal zu führen. Wenn es um Mitarbeiterführung geht, achten wir sehr darauf, dass diejenigen Teams führen, die nach unseren Maßstäben dafür geeignet sind. Um dies zu erreichen, durchlaufen Führungstalente verschiedene Führungsentwicklungsprogramme und entwickeln in Development-Talks und Centern ihren individuellen Developmentplan. So werden sie gründlich auf ihre Aufgabe als Führungskraft vorbereitet.
Volker Rothfuss: In fast allen unseren Transformationsprojekten geht es nicht nur um Effizienz und Kostenmanagement, sondern idealerweise auch um die Etablierung eines neuen Mindsets, um Veränderungen nachhaltig in der Organisation zu verankern. Wie gelingt Ihnen das?
Frank Müller: Wir leben eine sehr offene Feedback-Kultur mit regelmäßigen Befragungen und konkreten Maßnahmen, was sich inzwischen sehr ausgezahlt hat. Mitarbeitende, die anfangs skeptisch waren, sehen nun, wie wichtig diese Instrumente sind. Wir wollen, dass die Mitarbeitenden ihre Meinung äußern und von ihren Vorgesetzten gehört werden, um Veränderungen voranzutreiben. Ich bin ein großer Fan dieses Prozesses geworden. Früher dachte ich, dass Kulturwandel etwas ist, das von oben nach unten verordnet und vorgelebt wird. Aber heute bin ich davon überzeugt, dass es auch einer starken Bottom-up-Bewegung bedarf. Eine gute Möglichkeit, die verschiedenen Sichtweisen zu vereinen, besteht darin, alles an unseren zentralen Unternehmenswerten auszurichten, die unsere Mitarbeitenden selbst ausgewählt haben: Integrität, Kundenorientierung, Fokus, Teamwork, Zuverlässigkeit und Kreativität.
Volker Rothfuss: Sehen Sie positive Entwicklungen und Veränderungen durch die Integration der Generation Z in die Arbeitswelt? Werden andere Werte eingefordert und verändert sich die Unternehmenskultur oder das Führungsverständnis?
Frank Müller: Nein, ich glaube, das Thema wird manchmal überinterpretiert. Ich habe mit Kollegen gesprochen, die schon seit Jahrzehnten im HR-Bereich tätig sind. Auch sie sehen es als typisch an, dass jede Generation andere Ansprüche hat. Es gibt Veränderungen, auf die wir uns als Unternehmen einstellen müssen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung. Dazu gehört auch die Forderung nach einer besseren Work-Life-Balance, die bei den jüngeren Mitarbeitenden deutlich ausgeprägter ist als bei älteren. Die Prioritäten haben sich verschoben. Früher war es üblich, nach dem Abitur sofort eine Karriere anzustreben. Heute fragen sich viele, ob dieses Modell noch zeitgemäß ist. Insgesamt müssen wir alles daran setzen, junge Menschen abzuholen und zu integrieren.
Volker Rothfuss: Was sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren, mit denen Ihnen dies gelingt?
Frank Müller: Es kommt gut an, dass wir eine breite Palette an beruflichen und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Dazu gehört auch die Option, ins Ausland zu gehen, was von den Jüngeren sehr stark nachgefragt wird. Darüber hinaus haben wir viele flexible Angebote wie „Care for Life“, um eine Auszeit zu nehmen. Wir bieten flexible Arbeitszeitmodelle und verschiedene digitale Arbeitsplatzmodelle an. Das ist mit Investitionen verbunden, die wir aber für sehr wichtig halten, um unsere hohe Attraktivität und Anziehungskraft für Talente zu erhalten. Den Erfolg sehen wir auch in einer sehr niedrigen Fluktuationsrate.
Volker Rothfuss: Es heißt, man kommt zu Airbus, aber man verlässt das Unternehmen nicht. Stimmt das?
Frank Müller: Ja, das ist oft so. Viele Mitarbeitende bleiben lange bei uns, und das geht manchmal über Generationen so. Ich verstehe das auch als Teil unserer erfolgreichen Personalarbeit. Dazu gehört aber auch, nicht immer nur nach Personen mit einem genau passenden Profil zu suchen, sondern auch Raum und Chancen für junge Talente mit alternativen Qualifikationen und Hintergründen zu schaffen.
Volker Rothfuss: Wie entdecken und gewinnen Sie diese letzteren Talente?
Frank Müller: Da gibt es mehrere Aspekte, aber ich möchte das Thema Active Sourcing als zentralen Baustein herausgreifen. Wir gehen die Suche strukturiert und mit einem hoch qualifizierten Team an, das wir „Talent Akquisition Partner“ nennen und das über die klassische Rolle des Recruiters hinaus agiert. Wir lernen Talente direkt an den Hochschulen kennen und unsere Partner gehen aktiv auf für uns spannende Kandidaten zu, tauschen Kontaktdaten aus und wecken Interesse.
Volker Rothfuss: Das klassische Bewerbungsverfahren ist vorbei?
Frank Müller: Ja, das ist weitgehend vorbei. Auch in unserem gewerblichen Bereich erleben wir einen starken Wandel. Wir organisieren Bewerbertage, die einen Eventcharakter haben. Bewerbende bekommen dort unter anderem Führungen und sprechen mit verschiedenen Führungskräften. Das ist für sie ein Erlebnis, weit weg von einem klassischen Vorstellungsgespräch. Wir werden auch verstärkt mit Talentnetzwerken arbeiten und planen eigene Veranstaltungen vor Ort, um diese Veränderungen weiter voranzutreiben. Gerade bei Auszubildenden im Alter von 16, 17 oder 18 Jahren brauchen wir eine besondere Ansprache. Ich versuche auch, unsere Auszubildenden als Multiplikatoren zu nutzen, indem ich sie ermutige, über ihre Erfahrungen zu berichten. Das wirkt mehr als eine Anzeige in der Zeitung – sie sind die besten Botschafter. Wir gehen auch in die Schulen und organisieren Tage der offenen Tür, um Jugendliche über unsere Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren.
Volker Rothfuss: Wie komplex und konfliktträchtig ist es unter dem Strich, Ihre HR-Organisation in die Zukunft zu führen beziehungsweise auszurichten? Welche Bedeutung haben in diesem Kontext Ihre HR Business Partner?
Frank Müller: Im Prinzip beschäftigen wir uns permanent mit der zukunftsfähigen Aufstellung unseres HR Bereichs. Veränderung kann jedoch nicht von heute auf morgen geschehen, sondern fordert einen kontinuierlichen Austausch zwischen HR und den Fachbereichen. Klar ist: Personalarbeit ist kein Selbstzweck und muss daher immer einen engen Bezug zu den verschiedenen Funktionen des Unternehmens haben. Eine zentrale Rolle spielen hier unsere Business Partner, deren Rolle sich noch stärker in Richtung eines strategischen Beraters und Mitgestalters der Fachbereiche entwickeln wird – also gewissermaßen hin zu einem Business Player. Sie unterstützen uns maßgeblich, als HR-Abteilung einen Mehrwert zu bringen, Teil der strategischen Dienstleistung zu sein und die Weiterentwicklung unseres Unternehmens gemeinsam mit den Fachbereichen voranzutreiben. Dafür müssen wir uns aktiv in die Prozesse einbringen, bis HR als integraler Bestandteil wahrgenommen wird.
Volker Rothfuss: Herr Müller, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.