Parallel dazu erzielen sie technologische Fortschritte, die sich in einer höheren Batterieeffizienz, größeren Reichweiten und kürzeren Ladezeiten niederschlagen. Die zunehmende Alltagstauglichkeit der Elektrofahrzeuge führt dazu, dass sich immer mehr Konsumenten für die neue Antriebstechnologie interessieren und sie als praktikable Alternative betrachten. Ein deutliches Signal für diesen Trend ist der steile Anstieg des EV-Anteils am Pkw-Gesamtabsatz in Deutschland, der von 24 Prozent im ersten Halbjahr 2022 auf 37 Prozent zulegen konnte.
Allerdings sind auf dem Weg zur E-Mobilität noch einige Hürden zu bewältigen. Vergleichsweise hohe Kaufpreise zählen ebenso dazu wie eine immer noch mangelhafte Ladeinfrastruktur und fehlende Kapazitäten bei der
Batterieproduktion.
Gekoppelt sind all diese Faktoren an die nach wie vor spürbare Zurückhaltung des deutschen Automobilsektors.
In Deutschland finden sich einige der weltweit größten und einflussreichsten Automobilhersteller. Welche Auswirkungen hat dieses Erbe?
Vertreter aus Politik und Automobilindustrie liefern sich seit längerem eine Debatte darüber, welche Rolle Deutschland beim Umstieg auf die
E-Mobilität
spielen sollte. Das beeindruckende automobile Erbe des Landes erweist sich bei diesem Umstieg nicht nur als Vorteil. So konnten sich Unternehmen wie Tesla und einige chinesische Anbieter bereits gewisse Wettbewerbsvorteile sichern. Trotz der in letzter Zeit erzielten Fortschritte könnten sich die deutschen Automobilhersteller noch stärker für die
Elektrifizierung
einsetzen und damit auch den Ausbau der Ladeinfrastruktur vorantreiben.
Welche sonstigen Hürden gibt es bei der Entwicklung der Ladeinfrastruktur?
Setzt man die Anzahl der zugelassenen Elektrofahrzeuge zur Anzahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte ins Verhältnis, so liegt Deutschland mit 26,1 deutlich hinter dem weltweiten Durchschnitt von 15,9. Hohen Investitions- und Anschlusskosten stehen nach wie vor niedrige Nutzungsraten gegenüber. Auch der Anteil der Schnellladepunkte an der öffentlichen Infrastruktur bleibt hinter dem weltweiten Durchschnitt zurück (16 % gegenüber 22 %). Da sich zudem die OEMs mit klaren Aussagen zur Reichweite künftiger Fahrzeuge zurückhalten, lassen sich Standorte, Kapazitäten und Nutzungsraten von öffentlichen und privaten Ladepunkten nur schwer planen. Ein weiterer Hemmschuh ist der dringend notwendige Netzausbau, um die steigende Nachfrage nach Strom zu befriedigen.
Welche Entwicklungen sind im Ladesektor zu erwarten?
Auf dem dynamischen Infrastrukturmarkt kämpfen diverse Akteure um einen Anteil am Upstream- und Downstream-Geschäft: Automobil-OEMs, Infrastrukturanbieter, Versorger, Hersteller von Energiespeichern für Erneuerbare, Tech-Giganten, ja sogar Konzerne aus der Öl- und Gasbranche. Aus dieser Dynamik heraus entsteht ein neues Energie-Ökosystem. Profit-Pools sind nicht mehr auf die Installation und den Betrieb von Infrastruktur sowie den Stromverkauf beschränkt. Neue Geschäftsbereiche tun sich auf, wie die Rückeinspeisung vom Fahrzeug ins Netz (Vehicle-to-Grid, V2G), Wärmepumpen sowie das Strommanagement und -marketing an Energiebörsen. All dies verleiht dem Markt zusätzliche Legitimität und fördert sein Wachstum.
Deutschland ist grundsätzlich gut aufgestellt, um von diesem vielschichtigen neuen Ökosystem zu profitieren. Es verfügt über die notwendigen Voraussetzungen, um sich gegenüber anderen Ländern einen Vorsprung zu sichern, und dürfte bei der Entwicklung eines profitablen neuen Markts daher eine Vorreiterrolle übernehmen.
Wie zufrieden sind die deutschen Autofahrer mit der derzeitigen Ladeinfrastruktur?
Mit 87 Prozent entspricht die allgemeine Zufriedenheit ungefähr dem globalen Niveau (82 %). Zugleich wird es immer wichtiger, Elektrofahrzeuge schnell laden zu können. Aktuell bestehen nur 16 Prozent der öffentlich zugänglichen Infrastruktur in Deutschland aus Gleichstrom-Ladestationen; der weltweite Durchschnitt liegt bei 22 Prozent. Auch der Standort ist extrem wichtig: Ladepunkte müssen dort installiert werden, wo die Menschen sich aufhalten, d. h. in Einkaufszentren oder am Arbeitsplatz. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur in urbanen Zentren und entlang wichtiger Verkehrswege ist entscheidend, um diesen Bedarf zu erfüllen.
Der Ladevorgang selbst muss unkompliziert sein und sich problemlos in das Alltagsleben der Konsumenten einfügen. Um Fahrten effektiv planen zu können, brauchen die Nutzer Echtzeitinformationen zur Verfügbarkeit von Ladepunkten sowie zu deren Status und den Ladekosten. Auch die nahtlose Interoperabilität der verschiedenen Ladenetzwerke und ein standardisiertes Zahlungssystem stehen auf dem Wunschzettel der Nutzer. Nicht zuletzt erwarten sie Zusatzangebote von der Ladeinfrastruktur, wie kostenloses WLAN und komfortable Wartebereiche. Angesichts des steigenden Umweltbewusstseins sollte der getankte Strom zudem aus erneuerbaren Energiequellen stammen.