Gibt es weitere Faktoren, die Kommunikation beeinflussen?
Es gibt beispielsweise Unterschiede darin, wie gut wir mit Stille umgehen können. Wenn ich auf eine Frage drei Sekunden lang schweige, wird ein Amerikaner denken, dass etwas nicht stimmt – und sich selbst eine Antwort geben. Japaner hingegen können ohne Probleme zwölf Sekunden durchhalten. Das bedeutet auch, dass in einigen Kulturen mehr gesprochen wird. Ist ein multikulturelles Team sich nicht darüber bewusst, wie es Diskussionen moderieren muss, werden einige den gesamten Raum einnehmen und viele Stimmen nicht gehört werden.
Sie sagen, dass monokulturelle Teams oft schneller entscheiden. Was sind die Vorteile multikultureller Teams?
Mit Menschen, die derselben Gruppe angehören, können wir uns leichter abstimmen. Das zeigt ein Blick auf die Vorstandsetagen vieler Unternehmen, in denen es kaum Diversität gibt. Ist das Ziel aber, innovativer zu denken, lohnt es sich, in multikulturelle Teams zu investieren. Möglicherweise braucht man etwas länger, wenn man sicherstellen will, dass jede Stimme gehört wird. Zudem kann es ein sehr emotionales Erlebnis werden, weil wir feststellen, dass unsere Botschaften falsch interpretiert wurden. Aber je häufiger wir so handeln, desto mehr öffnen wir das Tor für Innovationen.
Werden in unserer globalisierten Welt die Unternehmenskulturen irgendwann miteinander verschmelzen?
Die Welt ist in Bewegung, aber sie verschmilzt nicht. Wir sehen, dass sich die ganze Welt hin zu weniger hierarchischen Strukturen bewegt – von Nigeria, einer der hierarchischsten Kulturen überhaupt, bis hin zu Dänemark, einer der egalitärsten. Aber das bedeutet nicht, dass Dänemark und Nigeria zusammenkommen werden, sondern lediglich, dass sie sich in dieselbe Richtung bewegen. Gleichzeitig beobachten wir, dass sich die gesamte Welt hin zu kontextärmerer Kommunikation bewegt. Je häufiger wir mit Menschen aus anderen Ländern zusammenarbeiten, desto schwieriger wird es, mit unterschwelligen Botschaften zu kommunizieren. Wir müssen vereinfachen.
Kann man kulturelle Differenzen in Videokonferenzen ausgleichen?
Computerbildschirme berauben uns der Möglichkeit, die Signale des anderen zu erkennen. Menschen aus Kulturkreisen, die stark beziehungsgeprägt sind, fällt es schwer, Vertrauen aufzubauen, wenn sie keine emotionale Bindung herstellen können. Und es ist nicht natürlich, emotionale Bindungen über Videokonferenzen herzustellen. Aber man kann es schaffen, wenn man daran arbeitet.
Wie erging es Netflix mit seiner multikulturellen Herausforderung?
Ich glaube, dass Netflix vor allem gelernt hat, Kulturen so anzugehen, wie es seine Fernsehsendungen angeht. Netflix bietet großartige Filme und Inhalte aus allen möglichen Ländern mit lokaler Einfärbung. Und genauso sollte man Kulturkreisen begegnen. Wer sich internationalisiert und in neue Märkte vordringt, braucht nicht sein ganzes Wertesystem umzukrempeln und alle Pfeiler einzureißen, die ausmachen, wer man ist. Aber man sollte jedem Land zugestehen, sich auf Verhaltensweisen zu konzentrieren, die in dieser Umgebung funktionieren. Das Unternehmen Netflix, dem Offenheit so wichtig ist, hat gelernt zu hinterfragen, wie Offenheit in anderen Ländern definiert wird.