Nachhaltige und widerstandsfähige Geschäftsmodelle werden der Schlüssel für die Entwicklung von Private-Equity-Portfolios in Europa im Jahr 2020 sein
European PE Outlook 2022: Technologie und Gesundheit im Fokus
Von Christof Huth und Thorsten Groth
ESG Kriterien wichtiger, Small- und Mid-Cap-Deals gelten als vielversprechend
Europas Private-Equity-Branche ist sich einig: Die attraktivsten Geschäftsaussichten liegen in diesem Jahr in den Branchen Technologie und Gesundheit. Deren gute Wachstumsaussichten und hohe Krisenfestigkeit geben hierfür den Ausschlag. Das Jahrhundertthema Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung.
Fast 2000 Transaktionen zählte Europas Private-Equity-Branche im Jahr 2021 – mehr als je zuvor in den vergangenen 20 Jahren. Umso bemerkenswerter ist die optimistische Stimmung der europäischen Private Equity Experten, die Roland Berger Ende 2021 zu den Zukunftsaussichten befragte: 2022, so die Meinung der meisten Fachleute, werde es nach wie vor attraktive Investitionsmöglichkeiten geben. Insbesondere der Branche Technologie, Medien & Software (85%) wurden die attraktivsten Perspektiven zugesprochen. Dahinter folgen Pharma & Gesundheit (77%) sowie unternehmensbezogene Dienstleistungen & Logistik (65%). Das zeigt der „European Private Equity Outlook 2022“, den Roland Berger nun zum 13. Mal seit 2010 veröffentlicht.
Nach Ansicht der Experten sprechen für die anhaltend positiven Geschäftsaussichten in diesen drei Branchen deren relative Krisenfestigkeit und die vergleichsweise hohen fundamentalen Wachstumschancen. Auch insgesamt blickten die Fachleute optimistisch auf 2022: Gemäß Umfrage erwarteten mit 63% fast zwei von drei Fachleuten für dieses Jahr einen weiteren Anstieg von M&A-Transaktionen mit Beteiligung von Private Equity.
Diese Branchen sind grundsätzlich auch weniger stark von den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs betroffen, so dass hier laut PE-Experten von Roland Berger weiterhin mit einem hohen Aktivitätslevel zu rechnen ist.
Große regionale Unterschiede, Small- und Mid-Caps vielversprechend
Mit Blick auf die unterschiedlichen Zielmärkte innerhalb Europas offenbart jedoch eine deutliche Divergenz der Prognosen: Für die PE-Märkte in Spanien und Portugal (3,7%), Skandinavien (3,5%) und Deutschland (3,4%) erwarten die Fachleute im Vergleich zum Vorjahr das deutlichste Wachstum. Dabei fallen die diesjährigen Prognosen insbesondere für Deutschland aber geringer aus als noch 2021 (4,6%). Zu den Schlusslichtern in diesem Jahr zählen gemäß Befragung Großbritannien und Griechenland mit einem lediglich moderaten Plus von 1,8% bzw. 0,4%. Die größten Zuwächse versprechen sich die Fachleute für dieses Jahr demnach im Small- und Mid-Cap-Bereich. Small-Cap-Deals im Volumen von unter 100 Millionen Euro dürften am stärksten wachsen, nur unwesentlich geringer wird das Potenzial im Mid-Cap-Segment (100 bis 500 Millionen Euro) eingestuft.
ESG ist relevant – und die Bedeutung wird noch deutlich zunehmen
Über alle Landesgrenzen hinweg wird ESG als relevantes Kriterium bei der Auswahl der Ziele bewertet. 66% der PE-Experten halten die Integration von Umweltkriterien, Sozialstandards und einer nachhaltigen Unternehmensführung schon heute für wichtig oder sogar sehr wichtig. Und die Bedeutung nachhaltiger Geschäftsmodelle im PE-Bereich wird nach Ansicht der Fachleute noch deutlich zunehmen und in den kommenden fünf Jahren gemäß Umfrage für 80% der Befragten wichtig oder sehr wichtig sein. Umweltbelange (68 %) und Markenimage/Reputation (50 %) sind dafür die wichtigsten Gründe.
Bewertungsmultiplikatoren deutlich überbewertet
Die Qualität der Transaktionsziele dürfte nach Ansicht der Experten von vergleichbarer Qualität oder noch attraktiver sein als im vergangenen Jahr (81%). Demgegenüber gaben 19 % der PE-Fachleute an, dass die Zielunternehmen weniger attraktiv sein werden als im Vorjahr (11 % im Jahr 2021). Dabei halten neun von zehn Experten die bezahlten Bewertungsmultiplikatoren für (leicht) überbewertet. 2021 lag dieser Wert noch bei lediglich 82%. Die Zahl der Befragten, die der Meinung sind, dass die Vermögenswerte fair bewertet sind, ist weiter gesunken (8% gegenüber 17% im Jahr 2021). Insbesondere für die sehr beliebten Zielbranchen Technologie, Gesundheitswesen und Business Services werden weiter steigende Bewertungsmultiplikatoren erwartet.
Auswirkungen des Ukraine Kriegs
Der PE Outlook basiert auf einer Umfrage, die Ende 2021 durchgeführt wurde, d. h. zu einem Zeitpunkt, als der Ukraine-Krieg noch nicht abzusehen war.
Von wenigen Ausnahmen abgesehen gibt es unserer Ansicht nach bislang noch keine wesentlichen Auswirkungen auf bzw. Absagen von PE-Transaktionen in Westeuropa aufgrund des Ukraine-Kriegs. Dies hängt auch damit zusammen, dass Russlands ökonomisches Gewicht – mit Ausnahme von Öl und Gas – in vielen Märkten relativ begrenzt ist. Verkaufsprozesse von Unternehmen mit starkem Russland-Bezug sind angesichts der Sanktionen für die meisten PE-Fonds nicht mehr darstellbar. Allerdings sind davon gegenwärtig nur wenige Prozesse betroffen.
Je länger die Krise anhält, desto stärker könnte sich dies aber auf Verkaufsprozesse auswirken: So erhöht der Krieg die Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung der Gesamtwirtschaft bzw. einzelner Branchen. Zudem reduziert er die Planbarkeit wichtiger Kostenpositionen (z. B. Energie, Rohmaterialpreise) und von Margen, was PE-Investitionen zukünftig erschweren könnte.
Melden Sie sich jetzt an, um den vollständigen European Private Equity Outlook 2022 mit einer Analyse aktueller PE-Markttrends sowie Erwartungen für zukünftige Entwicklungen herunterzuladen und um regelmäßige Einblicke in Private Equity und Investor Support Themen zu erhalten.