Die Kurzstudie erläutert, warum der konventionelle Restrukturierungsansatz in der aktuellen Veränderungsdynamik zu kurz greift und wie Restrukturierung als aktives Krisen- und Zukunftsmanagement neu gedacht werden muss.
Experteneinschätzung: Wirtschaftliche Lage wird kritischer
Herausforderndes Finanzierungsumfeld erschwert erfolgreiche Restrukturierungen und Transformationen
Seit mehr als 20 Jahren zählt unsere Restrukturierungsstudie zu den wichtigsten Barometern der Branche. In diesem Jahr haben rund 200 Experten an der Studie teilgenommen. Ihr Blick auf die Entwicklung der deutschen Wirtschaft fällt diesmal besonders skeptisch aus: Rund 80 Prozent der von uns Befragten rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem und im nächsten Jahr stagnieren oder sogar schrumpfen wird.
Weil der erhoffte Aufschwung vorläufig ausfällt, ist die Verunsicherung in fast allen Branchen mit Händen zu greifen. Der Transformationsdruck für die meisten Unternehmen nimmt weiter zu. In Sektoren mit hoher Konjunkturabhängigkeit ist eine strategische Neuaufstellung in vielen Fällen alternativlos. Eine nachhaltige Zukunftssicherung erfordert oftmals eine Restrukturierung, die neben der finanziellen Krisenbewältigung auch ein konsequentes Management der Umsatzquellen und die Transformation des Geschäftsmodells vorsieht. Auch Unternehmen, die bislang davon ausgingen, ihr Geschäftsmodell mit einer gewissen Anlaufzeit umstellen zu können, geraten verstärkt unter Zugzwang. Die Neuausrichtung ist nicht selten mit erheblichen Kosten und Investitionen verbunden, die es zu finanzieren gilt.
Bürokratie wird zur größten Wachstumsbremse
Mit 57 Prozent der Nennungen stehen Bürokratie und Regulierung in diesem Jahr erstmals an der Spitze der am häufigsten genannten Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Als ähnlich dringlich wird die Bewältigung des Fachkräftemangels angesehen. Mit 57 Prozent liegt der Wert fast exakt auf dem Vorjahresniveau – eine Linderung oder gar Lösung scheint nicht in Sicht. Viele Unternehmen können Umbaupläne nicht verwirklichen, weil sie keine geeigneten Mitarbeiter finden. Wenn doch, müssen sie oft höhere Gehälter zahlen – Ausgaben, die die Kosten für anstehende Restrukturierungs- und Transformationsprogramme in die Höhe treiben.
Interessant ist hier der Vergleich mit den Ergebnissen einer repräsentativen Befragung von mehr als 300 C-Level-Führungskräften in Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden, den sogenannten Nordics-Ländern sowie den USA. Anders als in Deutschland wird dort die anhaltend hohe Inflation als größtes Hemmnis für die weitere wirtschaftliche Entwicklung wahrgenommen, gefolgt vom Klimawandel und dem technologischen Wandel.
Deutsche Schlüsselbranchen müssen überlebenswichtige Transformation bewältigen
98 Prozent der Experten – so viele wie noch nie – erwarten einen weiter steigenden Transformationsdruck für die Unternehmen. Das Urteil darüber, in welcher Branche dieser am größten ist, fiel noch nie so einhellig aus: Für fast neun von zehn Befragten ist es die Automobilindustrie. Damit ist der Wert gegenüber dem Vorjahr noch einmal um 30 Prozentpunkte gestiegen.
Sowohl die deutschen Automobilhersteller als auch ihre Zulieferer stehen vor signifikanten Herausforderungen. Beide müssen in Forschung und Entwicklung investieren, ihre Prozesse (weiter) optimieren und flexible Strategien entwickeln, um in einem sich schnell verändernden internationalen Marktumfeld erfolgreich zu bleiben – auch wenn die weltweite Autoproduktion in den nächsten Jahren nur moderat wachsen dürfte.
Auf den Plätzen zwei und drei der Branchen mit dem größten Restrukturierungsbedarf folgen mit Bau und Immobilien (48 Prozent) sowie Handel (46 Prozent) zwei Industrien, die im Vorjahr ähnlich eingeschätzt wurden. Auffällig ist die Veränderung auf den weiteren Rängen: Der Maschinen- und Anlagenbau, Deutschlands zweite Schlüsselbranche und jahrzehntelanger Exportgarant, steht mittlerweile für mehr als jeden dritten Experten unter hohem Transformationsdruck.
Restrukturierung finanzieren: eine Mammutaufgabe
Weil für es Unternehmen in der Krise immer schwerer wird, die anstehenden Aufgaben zu finanzieren, wächst das gesamtwirtschaftliche Risiko. So beurteilen 40 Prozent der befragten Experten die Möglichkeiten von Krisenunternehmen, an dringend benötigtes Geld zu kommen, derzeit als schlecht oder sehr schlecht.
Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist der Wettbewerb um die begrenzt verfügbaren Mittel groß. Gleichzeitig ist die Risikobewertung für Kredite und Investitionen schwieriger geworden und die Finanzinstitute haben ihre Kreditvergaberichtlinien verschärft. Zum anderen sehen sich Firmen, die in finanziellen Schwierigkeiten stecken, häufig mit höheren Zinsen und Finanzierungskosten konfrontiert, weil die Kreditgeber Risikoaufschläge verlangen. Die zusätzlichen Finanzierungskosten belasten die ohnehin angespannte Liquidität vieler Krisenkandidaten. Insgesamt sind die Finanzierungsherausforderungen damit so hoch wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr.
Für Alexander Müller, Global Co-Head Restructuring & Turnaround bei Roland Berger, sind die Ergebnisse ein deutlicher Appell an die Unternehmen selbst, aber auch an Gesellschafter, Regulierungsbehörden und Kreditgeber. „Gerade in der Krise kommt es für Unternehmen auf ein tragfähiges Geschäftsmodell und eine belastbare Geschäftsplanung an – sowie auf Kapitalgeber, die bereit sind, in der Finanzierung neue Wege zu gehen. Damit schaffen sie die Voraussetzung für erfolgreiche Restrukturierungen und nachhaltige Transformationen.“
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