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Global Business Services: veraltet oder aktueller denn je?

Global Business Services: veraltet oder aktueller denn je?

22. Februar 2021

Wie Global Business Services in einer Zeit zunehmender Umwälzungen für Wertsteigerung sorgen können

Die Ereignisse von 2020 haben deutlich gemacht, wie unbeständig und komplex die Welt heute ist. In solch einem dynamischen, schnelllebigen Umfeld mag die Rolle von Global Business Services (GBS) – und ihre Relevanz – für internationale Unternehmen unklar erscheinen, was einige kritische Fragen aufwirft. Sind GBS überholt oder sind sie tatsächlich wichtiger denn je? Und wenn die GBS gut laufen, wie können sie den Aktionären eines Unternehmens eine Wertsteigerung bringen?

"Kundenzentrierung ist ein absolutes Muss für GBS-Unternehmen für eine wirkliche Wertsteigerung."
Senior Partner
Büro Zürich, Zentraleuropa

Geht es immer nur ums Geld?

Global Business Services haben sich ganz natürlich aus dem Shared-Services-Modell entwickelt und vereinen administrative Prozesse an Knotenpunkten im gesamten Unternehmen. Zu den GBS gehören in der Regel die Bereiche Finanzen, HR und IT. In zunehmendem Maße weitet sich dieses Spektrum auch auf Bereiche wie den Einkauf, den Kundenservice, Vertrieb und Marketing sowie die Rechtsabteilungen aus.

Einige GBS-Modelle tragen die Altlasten aus dem Shared-Service-Ansatz noch mit sich herum und bleiben streng isoliert: mit lasergleicher Präzision beschränken sie sich auf die kosten-effiziente Bereitstellung von Transaktionen und Services über Einzel-Plattformen und -Tools – und das war es auch schon. GBS können und sollten jedoch über das bloße Einsparen von Geld hinausgehen.

Die Verankerung von Shared Services in einem einzelnen, strukturierten System, das den Schwerpunkt auf End-to-end-Prozesse legt, kann einem Unternehmen zahlreiche Vorteile bringen, von erhöhter Effizienz und Flexibilität bis hin zu einem transparenteren Management. Dies kann wesentlich zum künftigen Wachstum beitragen und die digitale Transformation durch Standardisierung vorantreiben.

In der Gefahrenzone

Der Weg vom rein funktionalen, auf Kostenersparnis ausgelegten GBS zu einem multikonzeptionellen End-to-end-Ansatz ist steinig. Viele Unternehmen sind auf halbem Wege steckengeblieben – in einem Niemandsland, wo GBS weder die gewünschte Kostenersparnis bringen, noch nennenswerte qualitative Vorteile.

In diesem Fall gilt es zu wählen zwischen: Downgrade und Konzentration auf bloße Einsparungen? Oder Upgrade auf ein GBS-Modell, das in einer Zeit von zunehmenden Umwälzungen dem gesamten Unternehmen einen Wertzuwachs beschert.

GBS in der Wertschöpfungskette

Um besser zu verstehen, welche Rolle GBS-Unternehmen derzeit und künftig spielen und spielen werden, haben wir bei Roland Berger im Juli und August 2020 eine Umfrage bei zwanzig großen europäischen Firmen durchgeführt. Die Ergebnisse haben wir mit den Erfahrungen aus unseren täglichen Kundenkontakten verknüpft und können so wichtige Empfehlungen dafür geben, wie Sie mit GBS den Unternehmenswert steigern können.

Um die GBS in seiner Wertschöpfungskette nach oben zu bewegen, muss ein Unternehmen eine klare Vorstellung von seinem Endziel haben und eine entsprechende Roadmap erstellen, die die Bereitschaft zur Veränderung und die Fähigkeit zur Umsetzung berücksichtigt. Die folgenden fünf Bereiche sind entscheidend für diese Reise:

  1. Priorität: Kundennutzen
    Unsere Befragung ergab, dass die Mehrheit der Unternehmen regelmäßig die Kundenzufriedenheit mittels vordefinierter Kennzahlen ermittelt. Das Kundenbeziehungsmanagement oder Customer-Relationship-Management (CRM) ist allerdings weniger strukturiert: Nur 44% der teilnehmenden Unternehmen berichteten von einem ambitionierten CRM-System mit einer zentralen Anlaufstelle. Da Kunden höchste Priorität auf schnelle Antworten und Reaktionen auf Geschäftsanfragen legen (gleich nach den Kosten für Dienstleistungen), müssen GBS den engen Kontakt pflegen, um einen Mehrwert zu schaffen.
  2. Schaffung starker gemeinsamer Dienstleistungen
    Bei GBS geht es um die bereichsübergreifende, gemeinsame Nutzung von bewährten Verfahren, von Mitteln und von Infrastruktur. Ein Unternehmen darf seinen Fokus nicht allein auf die Verbesserung seiner Lieferleistungen richten, sondern sollte zu einem ausgewogeneren Ansatz übergehen, der die Kundenorientierung, eine verbesserte Führung und höherwertige Dienstleistungen einbezieht.
  3. Entwicklung multikonzeptioneller End-to-End-Lösungen
    Unternehmen mit GBS verfügen heute über klare Alternativen zu zunehmend veralteten Lösungen: höherwertige Zusatzleistungen statt kosteneffiziente Bereitstellung von transaktionsbezogenen Dienstleistungen; ein standardisiertes Leistungsportfolio statt eines funktionsbezogenen; integrierte End-to-End-Architektur statt einzelner Plattformen und Tools; digitale statt traditionelle Verfahren und Prozesse.
  4. GBS als Geschäft
    Unternehmen, die GBS als Geschäft ansehen, können eine jährliche Produktivitätssteigerung um mehr als 15% erzielen. Wie bei normalen Geschäftstätigkeiten müssen auch GBS-Abteilungen entscheiden, ob Einsparungen weitergegeben oder für eine weitere Verbesserung reinvestiert werden. Unsere Erfahrungen auf diesem Gebiet besagen, dass schätzungsweise zwei Drittel dieser Einsparungen in die Kostensenkung fließen und 10-15% in die Fachkräfteentwicklung, in Technologie und in Prozessverbesserungen.
  5. Nutzung digitaler Innovationen
    Schlüsseltechnologien können die Effizienz und Wirksamkeit von GBS vorantreiben. Zu ihnen gehören: das Process-Mining, mit dem Prozessdaten in umsetzbare Informationen übersetzt werden; die Datenvisualisierung, um Trends, Muster und Auffälligkeiten besser verstehen zu können; und die Automation zur schnelleren, preiswerteren und zuverlässigeren Durchführung von Standardprozessen.

GBS: aktueller denn je – wenn man es richtig macht

Laut unserer aktuellen Umfrage sehen sich 58% der Unternehmen selbst in der Gefahrenzone der Unsicherheit – gefangen zwischen einem funktionalen, auf Kostenersparnis ausgerichteten Ansatz und einem multikonzeptionellen, zukunftsfähigen Modell. Der erfolgreiche Übergang vom einen zum anderen erfordert GBS-erfahrene Führungskräfte, die, je nach Änderung der Anforderungen, eingreifen und unterstützen können. Durch das Pflegen einer Befähigungs- und Servicekultur können GBS aktuell bleiben und einen entscheidenden Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.

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