Industrie 4.0: Übergreifende Digitalisierungsstrategie erforderlich
Von Marc Bayer und Oliver Knapp
Integriertes Konzept statt Einzellösungen: Wie Unternehmen die digitale Fabrik erfolgreich umsetzen
Als der Begriff “Industrie 4.0” Anfang der 2010er Jahre zum ersten Mal Erwähnung fand, entstand in der Folge ein regelrechter Hype um Begriffe wie Big Data, Künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge (IoT). Zehn Jahre später zeigt die neue Studie „Die Produktion der Zukunft. Digitale Fabriken erfolgreich realisieren“ von Roland Berger: Der Weg zur vollständig digitalisierten Fabrik ist für deutsche Mittelständler noch weit. Doch einiges ändert sich jetzt.
Viele Anwendungsfälle digitaler Technologien in der Produktion mittelständischer Unternehmen der deutschen Wirtschaft sind auf einzelne Aufgaben zugeschnitten – sie folgen selten einem ganzheitlichen, strategischen Ansatz . Rund zwei von drei Digitalisierungsprojekten befinden sich zudem erst in der Planungsphase. Dies geht aus der Studie „Die Produktion der Zukunft. Digitale Fabriken erfolgreich realisieren“ der Unternehmensberatung Roland Berger hervor, für die Führungs- und Fachkräfte des Mittelstands aus den fünf Branchen Maschinenbau, Automatisierungstechnik, Endverbraucherprodukte, Automobilzulieferer und der Grundstoffindustrie befragt wurden.
Die Untersuchung zeigt jedoch auch, dass 70 Prozent der Befragten in den kommenden beiden Jahren ihre Investitionen steigern wollen – durchschnittlich sind 20 bis 30 Prozent des gesamten Investitionsbudgets für Digitalisierung vorgesehen. Für die Verwendung neuer Technologien sind in erster Linie die Verbesserung von Prozessen (64 Prozent) und das Senken von Kosten (44 Prozent) ausschlaggebend.
Digitalisierung der Produktion im Mittelstand: Noch ist die Zurückhaltung groß
Die meisten Digitalisierungsprojekte in der Produktion mittelständischer Unternehmen befinden sich noch in einem frühen Stadium der Entwicklung: 40 Prozent der Projekte existieren als Idee, 25 Prozent sind in der Planung. Die Zurückhaltung der Unternehmen ist vor allem darauf zurückzuführen, dass viele Führungskräfte die Profitabilität der Digitalisierungsmaßnahmen anzweifeln.
Wo bereits konkrete Maßnahmen angewandt werden, betreffen sie in vier von fünf Fällen die Bereiche Big Data, Analytik mit Hilfe künstlicher Intelligenz, anspruchsvolle Automatisierung und Robotik. Was allerdings in mittelständischen Unternehmen fehlt, ist ein klares Zielbild für die umfassend digitalisierte Fabrik.
Fünf Dimensionen der digitalen Fabrik
Für ein integriertes Konzept, das den Weg zur digitalen Fabrik vermittelt, sind fünf Dimensionen entscheidend.
- Das digitale Ökosystem: Innerhalb der Organisation besteht dies vor allem aus der digital vernetzten Lieferkette sowie der Anbindung an Vertrieb und Service. Extern umfasst es insbesondere die Kooperation mit anderen Firmen und Partnern.
- Das digitale Produktionssystem: Damit werden die Wertschöpfungsprozesse und technischen Standards für alle Anlagen definiert. Besonderes Augenmerk sollte auf die Integration des bestehenden Produktionssystems gelegt werden.
- Der digitale Shopfloor: Hier wird die Digitalisierung u.a. mithilfe von "smarten" Maschinen, interaktiven Automatisierungslösungen sowie Virtual oder Augmented Reality umgesetzt. Dazu gehören planerische, operative Wertschöpfungs- und Logistikfunktionen, sowie die Implementierung einer leistungsfähigen Konnektivität, beispielsweise über 5G.
- Die digitale Belegschaft: Die Einbindung von Management und Mitarbeitern eines Unternehmens in Aufbau und Umsetzung der digitalen Fabrik ist von besonderer Bedeutung. Die Etablierung eines digitalen Mindsets und die Akzeptanz für agile Arbeitsprozesse sind hier ausschlaggebend.
- Die befähigenden Technologien: Rechenleistung, Speicherplatz und Algorithmen sind die Kernelemente der digitalen Enabler-Landschaft. Viele Unternehmen haben hier in ihren ERP- oder MES-Systemen noch große digitale Lücken.
Diese fünf Dimensionen sind für eine erfolgreiche digitale Fabrik unverzichtbar. Sie helfen Unternehmen dabei, eine maßgeschneiderte digitale Roadmap aufzubauen.
Industrie 4.0 erfolgreich umsetzen
Wollen Unternehmen Industrie 4.0 erfolgreich umsetzen, sind noch weitere Punkte zu berücksichtigen: Für die erfolgreiche Einführung der digitalen Fabrik ist die Akzeptanz des Change-Prozesses im Unternehmen entscheidend. Hier zählen laut Studie vor allem aufgeschlossene und motivierte Mitarbeiter (73 Prozent), ein Managementteam, das die Digitalisierung versteht und fördert (32 Prozent) und die richtige Unternehmenskultur (32 Prozent).
Ferner erscheint es wichtig, strategische Partnerschaften bei der Entwicklung der digitalen Fabrik zu suchen. Kooperationen mit Start-ups, Software- und Hardware-Herstellern können erhebliche Vorteile für mittelständische Unternehmen mit sich bringen.
Schließlich gilt es auch, den CFO zu überzeugen: Eine konventionelle Budgetierung ist bei Digitalisierungsprojekten oft nicht machbar, da sich die Auswirkungen nicht sofort konkret bemessen lassen. Stattdessen ist zu Beginn des Veränderungsprozesses oft Mut zu unternehmerischen Entscheidungen gefragt, gepaart mit der Bereitschaft zum "Learning by Doing" im Projekt. Längerfristig muss dann die Investitionsrechnung formalisiert und in ein standardisiertes Vorgehen eingebettet werden.
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