Wann hörten Sie das erste Mal von der CRISPR-Technologie?
2006 kontaktierte mich Jillian Banfield, wie ich Professorin an der UC Berkeley. Bei einem Kaffee erzählte sie mir von den auffälligen Wiederholungen namens CRISPR, die sie in mikrobiellen Genomen entdeckt hatte. Sie ahnte, dass dies eine Art Immunsystem gegen Viren sein könnte, und ich suchte zu der Zeit ohnehin nach Forschungsprojekten für unser Laboratorium. Anfangs war es reine Neugier. Aber als ich Jahre später mit Emmanuelle Charpentier zusammen herausfand, dass wir CRISPR nutzen könnten, um DNA an bestimmten Stellen durchzuschneiden, war uns klar: Wir hatten einen großen Sprung gemacht: von Grundlagenforschung zu etwas, das die Welt verändern könnte. Ich war überwältigt. Ich empfand pure Freude. Ich erinnere mich noch daran, dass ich beim Zubereiten des Abendessens plötzlich zu lachen begann und mein Sohn mich fragte: "Mama, warum lachst du?"
Jennifer Doudna
war von Wissenschaft fasziniert, seit ihr Vater ihr das Buch "Die Doppelhelix" schenkte. Sie studierte Biochemie und leistete Pionierarbeit bei der Entwicklung der CRISPR-Technologie, mit der sich Gene "editieren" lassen. 2020 erhielt Doudna dafür den Nobelpreis in Chemie. Sie ist Professorin an der University of California in Berkeley und war 2014 Mitgründerin des Innovative Genomics Institute, das die Öffentlichkeit über Gen-Technologien aufklären will und Richtlinien für einen ethischen Umgang mit CRISPR entwickelt.
Wie funktionieren CRISPR?
Ich bezeichne sie gern als Genscheren. Wissenschaftler können sie darauf programmieren, in der DNA jedes beliebigen Organismus eine bestimmte Stelle zu entdecken, diese durchzuschneiden und durch ein sogenanntes Template zu ersetzen. So können sie Mutationen im genetischen Code reparieren und Gene an- und ausschalten. Mit diesem Werkzeug können wir potenziell Tausende genetisch bedingter Krankheiten behandeln. Etwa die Sichelzellanämie, die durch die Mutation eines einzelnen Buchstabens in einem einzigen Gen verursacht wird. Bisher gibt es keine effiziente Behandlungsmethode, obwohl wir die Ursachen seit Jahren kennen.
Es gibt auch große Bedenken gegen CRISPR. Können Sie diese nachvollziehen?
Es ist richtig, dass Menschen vorsichtig mit einer neuen, wirkungsstarken Technologie umgehen. Aber CRISPR unterscheidet sich nicht fundamental von anderen Technologien. Um einige Bedenken müssen wir uns jetzt kümmern, andere werden erst in Jahren relevant und noch einmal andere gehören in den Bereich Science-Fiction. Eine Sorge ist, dass von neuen Technologien oft nur eine Handvoll gut situierter Menschen profitieren. Es ist deshalb sehr wichtig, bereits heute sicherzustellen, dass die Vorteile der Genom-Editierung allen Menschen zur Verfügung stehen, die sie benötigen.