Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in Deutschland ist dramatisch. Kliniken sollten investieren, können aber nicht. Auch die Prognosen sind düster.
Krankenhaus-IT: Digitalisierung treibt Ausgaben in die Höhe
Von Oliver Rong
Mehrheit der Kliniken plant umfassende Projekte im Bereich IT
Die Digitalisierung hinterlässt auch im Krankenhaussektor ihre Spuren. So wird für die IT ein immer größerer Betrag aufgewandt.
Wie der aktuelle Krankenhaus-IT-Monitor von Roland Berger zeigt, geben inzwischen fast zwei Drittel der befragten Einrichtungen mehr als 1,5 Prozent in Relation zum Umsatz für IT aus. Bei der Befragung 2017 lag der Anteil der Krankenhäuser, die diesen Umsatzanteil nannten, noch bei 36 Prozent. Außerdem ist der Anteil der Kliniken, die mehr als 2 Prozent in Relation zum Umsatz für IT aufwenden, gegenüber den Vorjahren weiter gewachsen: von 9 Prozent im Jahr 2017 auf jetzt fast ein Drittel (31 Prozent).
Auch künftig dürften die Kosten eher weiter steigen als sinken. So rechnet eine Mehrheit von 92 Prozent der befragten Klinikmanager in den nächsten drei Jahren mit einem weiteren Anstieg der Ausgaben, fast die Hälfte erwartet sogar signifikante Mehrausgaben im Umfang von mehr als 10 Prozent. Neben dem bereits dramatischen Fachkräftemangel dürfte sich die Kostenexplosion im IT-Bereich damit zu einer weiteren Herausforderung für den Kliniksektor entwickeln. Auch wenn die Verfügbarkeit von Mitteln durch Bundesmaßnahmen wie das KHZG kurzfristig gesteigert wurde.
Vor allem große Häuser planen umfassende IT-Projekte
Wofür wird das Geld eingesetzt? Die Mehrheit (57 Prozent) der großen Krankenhäuser (Einrichtungen mit mehr als 1.000 Betten) plant in den kommenden drei Jahren die Umsetzung großer IT-Projekte. In fast jedem vierten Haus steht in diesem Zusammenhang ein Wechsel oder die Migration des Krankenhausinformationssystems (KIS) an. Anders die Situation in kleineren Kliniken (weniger als 1.000 Betten): Hier planen nur 38 Prozent in den nächsten drei Jahren größere IT-Projekte. Bei den bereits geplanten Vorhaben steht die Digitalisierung von administrativen Systemen (u.a. ERP) im Vordergrund, die Digitalisierung von medizinischen Abläufen spielt dort noch keine große Rolle.
Nach den Prioritäten ihrer IT-Organisationen befragt, zeichnet die Studie ein recht einheitliches Bild: Ein stabiler und kontinuierlicher IT-Betrieb steht für die meisten Befragten ganz oben auf der Agenda, ebenso die Gewährleistung ausreichender IT-Sicherheit.
Die Weiterentwicklung der IT, die Ausrichtung auf neue Geschäftsmodelle oder die Verbesserung der Versorgungsqualität durch eine zukunftsfähige IT-Organisation sind dagegen noch nachgelagert. Dies dürfte in erster Linie daran liegen, dass die vorhandenen knappen Ressourcen mit den Basisaufgaben ausgelastet sind.
Dass IT-Sicherheit wichtig ist, zeigt sich auch an der wachsenden Zahl der Angriffe durch kriminelle Hacker. Der Befragung zufolge zählt inzwischen mehr als jedes zweite Haus (53 Prozent) zu den Opfern. In zwei Drittel der Fälle waren anschließend temporäre Systemausfälle zu beklagen. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten ist den Angaben zufolge in keiner Einrichtung gefährdet gewesen.
Projekt- und Prozessmanagement sind wichtiger als technisches Know-how
Das Thema Digitalisierung ist in fast allen deutschen Krankenhäusern Chefsache. 93 Prozent der Befragten sehen den Geschäftsführer als zentrale Triebfeder. Insbesondere in kleineren Häusern ist die IT für Digitalisierungsthemen zuständig. Gut ein Viertel der großen Krankenhäuser verfolgt mit der Rolle eines Chief Digital Officers (CDO) einen ganzheitlicheren Ansatz. In Kliniken mit weniger als 1.000 Betten verfügt nicht einmal jede zehnte Einrichtung über diese Funktion.
Gleichzeitig hat sich die Erkenntnis, dass es bei der Digitalisierung mit der Einführung einer neuen Software nicht getan ist und technische Fragen oft von untergeordneter Bedeutung sind, auch in deutschen Kliniken durchgesetzt. So gelten professionelles Projektmanagement und ein fachübergreifendes Prozessdesign inzwischen als wichtigste Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung der Digitalisierungsstrategie.
Fördermittel aus dem KHZG werden eingesetzt, um Malus-Regelungen abzuwenden
Mit Fördermitteln aus dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) will der Bund die Digitalisierung deutscher Kliniken vorantreiben. Die befragten Einrichtungen verwenden die bereitgestellten Gelder überwiegend in den Fördertatbeständen, die Malusbewehrt sind. So werden etwa Patientenportale geplant oder ein digitales Medikationsmanagement. Der Rollout einer umfassenden Pflege- und Behandlungsdokumentation in sämtlichen Fachbereichen gilt als besonders kostenintensiv: Mehr als ein Fünftel der Fördermittel soll in diesen Bereich fließen.
Interessant ist auch die unterschiedliche Nutzung der Gelder nach Trägerschaft der Kliniken. Während in Krankenhäusern in privater Trägerschaft mehr als ein Viertel der Gesamtfördersumme in die Einführung eines digitalen Patientenportals fließt, sind es in öffentlich-rechtlichen Einrichtungen nur 18 Prozent. Mit der Fokussierung auf die "Patient-Experience" nutzen die Privatkliniken die Fördermittel demnach gezielt zur strategischen Positionierung.
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