Die Krankenhausstudie 2022 zeigt: Der Umgang mit COVID-19, Fachkräftemangel und Ambulantisierung wird für Kliniken zur Existenzfrage
Krankenhausstudie 2023: Wie Klinikmanager die Zukunft sehen
Von Peter Magunia und Janes Grotelueschen
Klinikmanager zwischen Krisenmanagement und strategischer Neupositionierung
Wie blicken Deutschlands Klinikmanager in die Zukunft? Wird sich die wirtschaftliche Situation in absehbarer Zeit verbessern und welche Trends werden die Entwicklung in den nächsten Jahren prägen? Im Rahmen unserer jährlichen Krankenhausstudie haben wir dazu Geschäftsführende und ärztliche Direktorinnen und Direktoren der 600 größten Kliniken Deutschlands befragt. Die Ergebnisse zeigen: Die Krise ist längst nicht überwunden. Aber es gibt Entwicklungen, die Hoffnung machen – und viele Verantwortliche, die ihre Häuser jetzt für die Zukunft rüsten.
Wirtschaftliche Lage: Die Mehrheit der Kliniken machte 2022 Verluste
Ein Blick auf die aktuellen Zahlen macht deutlich: Die wirtschaftliche Situation der meisten Häuser hat sich in den vergangenen Monaten weiter zugespitzt. Konnte 2021 noch rund ein Drittel der Häuser einen Überschuss erzielen, schrieb 2022 schon mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Kliniken Verluste, darunter vor allem viele Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft. Nur knapp ein Viertel der Einrichtungen schloss 2022 mit einem Überschuss ab.
Für die kommenden Jahre erwarten die Befragten keine grundlegende Verbesserung der wirtschaftlichen Lage. Auch die Erwartungen an die geplante Krankenhausreform waren zum Umfragezeitpunkt im Mai nicht besonders groß. Erst ab 2028 könnten nach Einschätzung der Teilnehmenden Entlastungseffekte zum Tragen kommen. Dabei spielen auch Effizienzgewinne durch eine verstärkte Digitalisierung eine wichtige Rolle.
Wie groß der Handlungsdruck ist, zeigen die Einschätzungen zur Entwicklung der Klinikzahlen in Deutschland: Gab es 2021 noch knapp 1.900 Krankenhäuser, erwarten 51 Prozent der Teilnehmenden für 2033 eine Zahl von höchstens 1.250. 38 Prozent der Befragten erwarten einen Rückgang auf maximal 1.500 Häuser und 11 Prozent gehen in zehn Jahren von bis zu 1.750 Kliniken aus. Mit dem größten Rückgang wird zwischen 2028 bis 2033 gerechnet. Vor allem die Verschiebung von bisher stationär erbrachten Leistungen in eine zunehmend ambulante Versorgung ist dafür ursächlich.
Die wichtigsten Trends: Fusionen, Ambulantisierung und künstliche Intelligenz
Der Strukturwandel in der deutschen Kliniklandschaft ist in vollem Gange. Diese Einsicht scheint unter Deutschlands Klinikverantwortlichen inzwischen Konsens zu sein. Wie die Ergebnisse der diesjährigen Krankenhausstudie deutlich machen, hat ein Großteil der Verantwortlichen beschlossen, diese Entwicklung aktiv zu gestalten – je nach Ausgangssituation mit unterschiedlicher Zielrichtung.
Eine strategische Option, über die seit vielen Jahren diskutiert wird, hat dabei neue Relevanz bekommen: die Zusammenarbeit mit anderen Kliniken. Nachdem das Potenzial der reinen Kooperation aber offenbar ausgeschöpft ist, geht die Entwicklung jetzt einen Schritt weiter. Die Befragten erwarten, dass es künftig immer öfter zu Übernahmen und Zusammenschlüssen von Krankenhäusern kommen wird. So zählt das Thema M&A neben der Spezialisierung des Leistungsportfolios und Kooperationen in der aktuellen Krankenhausstudie zu den wichtigsten strategischen Handlungsoptionen.
Auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass künftig immer mehr Leistungen ambulant erbracht werden sollen oder müssen, wird es insbesondere in den kommenden zehn Jahren zu großen Veränderungen kommen. Wenig spezialisierten, kleineren Versorgern droht das wirtschaftliche Aus. Aber auch Maximalversorger stehen vor der Herausforderung, ihr Angebot zu diversifizieren, um Erlösrückgänge aus dem stationären Bereich zu kompensieren. Wichtige Ansatzpunkte zur Positionierung für die ambulante Zukunft sind der Ausbau der ambulanten Infrastruktur und innovative Versorgungskonzepte.
Künstliche Intelligenz hält Einzug in den Klinikalltag
Telemedizin und der Einsatz von robotischen Systemen in der chirurgischen Praxis: All das ist längst keine Zukunftsmusik mehr. An einem Punkt allerdings hat sich die Bewertung der Studienteilnehmer seit dem letzten Mal deutlich verändert: Das Thema künstliche Intelligenz (KI) ist binnen eines Jahres hochrelevant geworden. Bei der Frage, welche Technologien die Krankenhauslandschaft in den kommenden Jahren am stärksten verändern werden, nennen die Verantwortlichen KI bereits an zweiter Stelle. Insbesondere in den Bereichen Bilderkennung und Entscheidungsunterstützung rechnen die Befragten mit einem stark wachsenden Einfluss von KI. Im administrativen Bereich dürfte sie darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung leisten, etwa in der Rechnungsprüfung oder im Personalwesen .
Zeit für eine Positionsbestimmung
Deutschlands Kliniken stehen vor einer Herkulesaufgabe. Während sie kurzfristig alles dafür tun müssen, wirtschaftlich auf Kurs zu bleiben und wichtige Trends wie die Ambulantisierung nicht aus den Augen zu verlieren, haben langfristige Ziele wie die umfassende Digitalisierung aller Krankenhausprozesse nichts an Dringlichkeit verloren.
Verschärft wird die Situation dadurch, dass einige Entwicklungen im Widerspruch zueinander stehen, etwa mehr Work-Life-Balance für die Mitarbeitenden und eine größere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Klinikverantwortliche werden sich bei der Bewertung verschiedener strategischer Optionen entscheiden müssen, welches Ziel für ihre Einrichtung Priorität haben soll.
Erfolgsentscheidend für die nächsten Jahre wird nach unserer Überzeugung aber in erster Linie die strategische Positionierung eines Krankenhauses innerhalb des entstehenden Ökosystems vernetzter Gesundheitsdienstleister sein. Deutschlands Kliniklandschaft wird sich weiter konsolidieren. Wer die Zukunft mitgestalten will, muss wissen, welche Rolle er dabei spielen will.
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