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Krankenversicherungs-Apps: Eine Chance zur Differenzierung
Von Karsten Neumann und Nils Breuer
Was Apps können und wie sie gestaltet sein müssen, damit Krankenversicherungen Kunden binden und neue dazugewinnen
In allen Lebensbereichen verlagern sich immer mehr Aktivitäten in digitale Kanäle. Auch Krankenversicherungen (GKV und PKV) haben die Vorzüge von Apps für die Kommunikation und den Austausch mit Versicherten erkannt. Viele nutzen sie bereits – nicht zuletzt, um damit ihre Effizienz zu erhöhen und Prozesskosten zu senken. Gleichzeitig geht es darum, neue Nutzer zu gewinnen und die Nutzungshäufigkeit zu steigern, um Skaleneffekte zu erzielen.
Aber welche Leistungen erwarten Versicherte in einer App ihrer Krankenversicherung? Welche werden häufig genutzt, welche sind weniger relevant? Und was lässt sich aus den unterschiedlichen Erwartungen der einzelnen Zielgruppen für die künftige Ausrichtung des Angebots ableiten?
Um das herauszufinden, haben wir in einer repräsentativen Studie rund 1.000 GKV- und 200 PKV-Versicherte zu ihren individuellen Präferenzen bei digitalen Services zu Verwaltung, Prävention oder Versorgung und zur User Experience bei bereits verfügbaren Angeboten befragt.
Versicherte bevorzugen digitale Kanäle, die einfach zu bedienen sind
Wie die Ergebnisse zeigen, haben viele Versicherte großes Interesse an digitalen Angeboten – auch wenn bislang nur 30 Prozent die App ihrer Versicherung nutzen. So gaben 74 Prozent der Teilnehmenden an, die digitalen Frontends ihrer Kasse zu kennen. Zwei Drittel ziehen digitale Kanäle analogen sogar vor, wenn es darum geht, ihre Anliegen zu bearbeiten. Bei den jüngeren Befragten bis 29 Jahre ist die Präferenz für digitale Lösungen besonders ausgeprägt. Aber auch mehr als 80 Prozent derjenigen, die sie bislang nicht verwenden, sind offen für attraktive Angebote.
Dass die Apps aktuell nicht häufiger genutzt werden, hat verschiedene Gründe. Dazu zählen für ein Viertel fehlende Informationen über Vorteile und Funktionalität der App, aber auch mangelnde Bedienungsfreundlichkeit (19 Prozent) sowie Probleme bei Registrierung und Login (15 Prozent). In den Augen vieler Jüngerer ist die Benutzeroberfläche bzw. die Steuerung in der App außerdem nicht attraktiv genug.
Versicherte, die die App ihrer Krankenkasse schon nutzen, tun dies in erster Linie zur Erledigung administrativer Aufgaben – etwa, um einen Termin beim Arzt zu vereinbaren oder den aktuellen Stand ihres Bonusprogramms abzufragen. Auch die Möglichkeit, Kontaktinformationen für den Notfall zu hinterlegen und die Gesundheitsdaten abzufragen, werden als wichtige Funktionalitäten genannt. Einfache Services, die den Alltag der Versicherten erleichtern, werden bevorzugt. Mindestens genauso wichtig wie eine übersichtliche und leicht auffindbare Darstellung der gewünschten Services und Informationen ist den Versicherten die Tatsache, dass die App alle zentralen Services in einer Anwendung vereint.
Spezifika verschiedener Zielgruppe bieten Chancen beim App-Ausbau
Die Ergebnisse machen deutlich, dass sich die Interessen und Bedürfnisse der Versicherten nach Alter und Familienstand stark unterscheiden. Krankenversicherungen können diese Unterschiede beim Ausbau ihrer digitalen Angebote gezielt nutzen.
Für die Zielgruppe der jungen und digital affinen Versicherten sollte der Fokus beispielsweise auf Services wie Erinnerungen an die Medikamenten-Einnahme oder telemedizinischen Angeboten liegen. Eine schnelle und effiziente Erledigung ihrer Verwaltungsaufgaben ist für diese Zielgruppe ein relevanter und attraktiver Mehrwert. Familien wünschen sich dagegen insbesondere Lösungen zur Verwaltung der Familiengesundheit. Sie lassen sich auch mit Hilfe von Bonusprogrammen und Präventionsangeboten an die App binden. Fast die Hälfte (46 Prozent) gab in unserer Befragung an, Interesse an Informationen zur Kindergesundheit und Vorsorge zu haben. Krankenversicherungen könnten diesen Wunsch aufgreifen, indem sie die Verwaltungsfunktionen für Eltern beispielsweise durch automatische Erinnerungen an Vorsorgetermine der Kinder ausbauen.
Wie unsere Befragung zeigt, könnte die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) dem Thema Versicherungs-App neue Dynamik verleihen. So sehen 75 Prozent der Nutzer die ePA, sobald diese mit Informationen und Daten befüllt werden kann, als geeigneten Ort, an dem Dokumente gebündelt und individualisierte Behandlungsinformationen abgefragt werden können. Darin liegt in den Augen der Versicherten auch der größte Vorteil der ePA.
Die Vision: Die App als Gesundheits- und Kommunikationszentrale
Knapp acht von zehn Versicherten wünschen sich, dass alle digitalen Services ihrer Krankenversicherung in einer App gebündelt sind (One App-Ansatz). Dafür muss die Architektur der Anwendungen allerdings grundlegend überarbeitet werden. Ziel ist eine Plattform, die flexibel, skalierbar und vor allem auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt ist. Möglich wird dies mit Hilfe einer Layer-(Schichten-)Logik. In solchen Modellen wird eine Anwendung in verschiedene Ebenen unterteilt, beispielsweise für Content, Funktionen oder Kundendaten. Jede Schicht deckt einen bestimmten Aufgabenbereich ab und ermöglicht eine einfache Trennung, aber auch Anpassung von Inhalten und Services.
Mit einem One App-Ansatz, der die Wünsche der Zielgruppe umfassend aufgreift und den Versicherten über einen zentralen Account Zugang zu integrierten Service-Modulen bietet, können sich Krankenversicherungen wichtige Wettbewerbsvorteile erschließen. Ziel muss es sein, die App als zentrale Plattform für Gesundheitsmanagement zu etablieren, die den Versicherten die Möglichkeit bietet, ihre Gesundheitsdaten zu verfolgen, Termine zu verwalten und mit weiteren Gesundheitsdienstleistern zu kommunizieren. Indem sie personalisierte Empfehlungen und Erinnerungen bietet, unterstützt sie außerdem die Versorgungssteuerung, optimiert die Patientenversorgung und verbessert die Effizienz des Gesundheitssystems.
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