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Liquidität und Fortbestehensprognose in der Praxis

Liquidität und Fortbestehensprognose in der Praxis

24. November 2021

Wie externe Beratung die Sicherung der Liquidität unterstützt

Der in Zeiten der Corona-Pandemie leichter gemachte Zugang zu öffentlichen Mitteln für die Sicherung der Liquidität – Überbrückungshilfen, Landes- und Bundesbürgschaften, Wirtschaftsstabilisierungsfonds – darf nicht den Blick darauf verstellen, dass die Wahrung der Liquidität, innerbetriebliche Transparenz und eine finanziell solide Unternehmensplanung Kernaufgaben des Managements sind – vor, während und nach der Pandemie. Worauf kommt es dabei vor allem an? Und wie kann eine externe Beratung dabei unterstützen? Dazu fünf Thesen:

Externe Beratung zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit
Eine risikoadjustierte und strategisch valide Geschäftsplanung muss neben den offensichtlichen Geschäftsrisiken stets auch unwahrscheinliche Ereignisse mit hohem Schadenspotenzial einbeziehen.

1. Unsere fünf Thesen im Überblick:

  • Die Kenntnis der Liquiditätsentwicklung sowie eine Szenarioplanung sind Kernkompetenzen, die jedes Unternehmen in einer zunehmend unübersichtlichen und ungewissen Welt, der sogenannten VUCA-Welt, benötigt.
  • Ohne innerbetriebliche Transparenz und klare Prozesse sind Geschäftsleitende nicht ausreichend in der Lage, die gesamte Palette an operativen, taktischen und strategischen Entscheidungen zu treffen, die der Gesetzgeber ihnen abverlangt.
  • Keine Transparenz ohne entsprechende Investitionen. Die Investitionen für Transparenz müssen Tools und IT-Systeme beinhalten, ohne deren Unterstützung oftmals kurzfristig abverlangte Entscheidungen nicht fundiert zu treffen sind, insbesondere wenn sich bislang abstrakte Risiken bereits in konkreten Zahlen bemerkbar machen.
  • So notwendig und sinnvoll Szenarioplanung und Ausbau der Transparenz sind, wird die Fortbestehensprognose als eigenständige Dokumentation zur Darstellung der Unternehmenssituation – allein schon aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen – weiterhin eine entscheidende Rolle spielen.
  • Bei diesen vielfältigen und komplexen Aufgaben – Liquiditätsplanung, Schaffung von Transparenz, Fortbestehensprognose – verlassen sich viele Unternehmen zurecht auf die Expertise einer externen Beratung. Die Restrukturierungsberatung von Roland Berger hat aufgrund einer Jahrzehnte währenden Erfahrung in diesem Bereich eine Reihe von Maßnahmen, Lösungen und Tools entwickelt, die sich bei der Bewältigung der im Folgenden skizzierten Aufgaben und Herausforderungen in der Praxis bewährt haben.

2. Nach der Krise ist vor der Krise – Was ist zu tun?

Seit nunmehr fast zwei Jahren bestimmt die Corona-Krise nicht nur die Schlagzeilen der Medien, sondern auch die Realität und die täglichen Abläufe in vielen Unternehmen. Doch selbst wenn die Corona-Krise eines Tages der Vergangenheit angehören wird, ein Zurück zum status quo ante ist kaum vorstellbar. Heutzutage heißt "Nach der Krise" zugleich immer auch "Vor der Krise". Dafür werden allein schon geopolitische Spannungen oder mit dem Klimawandel verbundene Naturereignisse sorgen. Für Unternehmen wird sich das bemerkbar machen in Beeinträchtigungen der Geschäftstätigkeit, wie temporären Geschäftsschließungen, Störungen der Lieferketten oder stark schwankenden Rohstoffpreise.

Heutzutage können nur diejenigen Unternehmen als krisenfest gelten, die sich nicht nur auf aktuelle, sondern auch auf möglicherweise bevorstehende Krisen vorbereiten. Das betrifft sowohl "softe" Faktoren – wie Personal und Führung – als auch "harte" Faktoren wie Liquidität und Finanzplanung .

Was heißt das in der konkreten Praxis für ein in Schwierigkeiten geratenes Unternehmen? In einer derartigen Situation, ist verhaltenes Abwarten und "Aussitzen" keine Lösung. Eine opportunistische Krisenvorsorge wird in Zukunft nicht ausreichen, um als Geschäftsleitende(r) den Organpflichten nachzukommen.

Im Folgenden stellen wir diejenigen Bausteine vor, die einem Unternehmen in aller Regel aus eigener Kraft, mit überschaubarem Mitteleinsatz und auch kurzfristig dabei helfen, die Krise zu überwinden.

3. Transparenz im Hinblick auf drohende Zahlungsunfähigkeit – Ein veränderter rechtlicher Rahmen

Das A und O im Hinblick auf eine Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit ist Transparenz. Dafür hat das vom Deutschen Bundestag Ende 2020 verabschiedete Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) einen veränderten Rahmen geschaffen. Das SanInsFoG hat die Insolvenzordnung dahingehend geändert, dass eine drohende Zahlungsunfähigkeit über den festen Prognosezeitraum von 24 Monaten hinweg zu betrachten ist. Dies war zuvor gesetzlich unklar. Der Schuldner muss also für die nächsten 24 Monate eine Prognose darüber erstellen, ob er seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Form und Inhalt dieser Prognose sowie die Aufgaben im Zusammenhang der Schaffung von Transparenz kennen wir aus einer Vielzahl von Beratungsprojekten für unsere Kunden aus annähernd allen Tätigkeitsbereichen.

Hierfür ist vom Gesetzgeber keine Form zwingend vorgeschrieben. Allerdings sollte die Planung für einen fremden Dritten – in der Praxis oftmals die Restrukturierungsberatung – leicht verständlich und nachvollziehbar sein.

4. Zentrale Bedeutung eines Cash Office – Die entscheidende Schnittstelle von relevanten Unternehmensabteilungen und Restrukturierungsberatung

Der Arbeit des Cash-Office kommt für die Sicherung der Zahlungsfähigkeit eine entscheidende Rolle zu. Das Cash-Office sorgt dafür, dass die jeweils „beste“ und aktuelle Zahl in die Liquiditätsplanung eingetragen wird. Dabei laufen im Cash-Office die unterschiedlichen Arbeitspakete der Liquiditätsplanung, ergänzt um die Liquiditätssteuerung, zusammen. Arbeitspakete sind etwa Reduzierung des Einkaufsvolumens, Reduzierung der Lagerbestände, Straffung der Marketing-Ausgaben und zahlreiche weitere sich auf die Liquidität auswirkende Unternehmensprozesse.

Mit unserer langjährigen und tiefgreifenden Restrukturierungserfahrung lassen sich der Aufbau, der Prozess und die operative Arbeit des Cash-Office besser gestalten. Wir stellen unseren Kunden das Cash Office zur Verfügung: Wir erstellen alle operativ notwendigen Unterlagen (insbesondere Tracking und Entscheidungsvorlagen) und leiten den Prozess in Abstimmung mit den Cash-Zielen der Geschäftsleitung. Durch fundierte Kenntnisse der lokalen Planungen ermitteln wir Einsparpotenziale und schaffen Verständnis für das Motto "Cash is king".

Von Seiten des Unternehmens vertreten sind idealerweise die Abteilungen Treasury (planungsverantwortlich), Controlling (verantwortlich für Soll-Ist-Abgleiche und Datenintegrität), Legal (für die Bewertung von Zweifels- und Vertragsfragen), Sales/Customer (für die Validierung der Umsatzplanung), Logistik (für die Erreichbarkeit der Umsatzplanung) und Einkauf (für die eventuell notwendige Verlängerung von Zahlungszielen bei Lieferanten).

Die Informationen aus den unternehmensinternen Abteilungen werden durch die Validierung der Planungswerte in so genannten Cash-Calls ergänzt. Hier übernehmen wir als Berater den Lead: Durch Validierung der geplanten Ein- und Auszahlungen steigt die Planungsqualität. Nicht selten werden Landesgesellschaften, die bislang stets nach Liquidität gefragt hatten, zu Selbstversorgern. In den Cash Calls werden auch in technischer Hinsicht etwaige Besonderheiten in der Liquiditätsplanung abgefragt – insbesondere Details im Rahmen einer Plan-Ist-Analyse.

"Das A und O im Hinblick auf eine Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit ist Transparenz."
Portrait of Alexander Mueller
Senior Partner
München Office, Zentraleuropa

5. Megatrends, Marktteilnehmer und Marktprognosen – Szenarioplanung angesichts externer Einflussfaktoren

Zentrale Eckpunkte in einer über den eigenen Tellerrand hinausblickenden Geschäftsplanung und damit einer Liquiditätsplanung sind regelmäßig auch Einschätzungen, die außerhalb des Unternehmens getroffen, bzw, Ereignisse, die außerhalb des Unternehmens verursacht werden. Hierzu zählen das Marktgeschehen, Marktprognosen und das Verhalten der anderen Marktteilnehmer, aber auch zu erwartende regulatorische Maßnahmen sowie die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Megatrends der nächsten Jahrzehnte. All diese Faktoren sollten in der eigenen Geschäfts- und Liquiditätsplanung Berücksichtigung finden.

Einen soliden und zugleich gut strukturierten Überblick über die Megatrends der nächsten Jahrzehnte verschafft das Trend Compendium von Roland Berger.

Das Compendium behandelt sechs Megatrends, die unsere Welt bis 2050 verändern werden. Es analysiert wirtschaftliche Trends genauso wie gesellschaftliche, umweltpolitische, technologische und geopolitische Veränderungen. Ein Verständnis dieser Megatrends ist bei der Erstellung einer zukunftsfähigen Geschäftsplanung unverzichtbar.

Wie kann sich ein Unternehmen sinnvoll auf diese externen Einflussfaktoren einstellen? Kein Geschäftsmodell ist für die Ewigkeit bestimmt. Und ebenso wie Kunden ihre Präferenzen ändern, werden auch die Spielregeln einer Branche oder eines Geschäftsbereichs insgesamt Änderungen unterworfen sein.

Die Notwendigkeit des Denkens in Szenarien in der VUCA-Welt ist gerade im Zuge der Einführung des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) umfangreich diskutiert worden.

Die Pandemie-Erfahrung hat die möglichen massiven Auswirkungen scheinbar wenig wahrscheinlicher Ereignisse nochmals auf dramatische Weise vor Augen geführt.

Eine risikoadjustierte und strategisch valide Geschäftsplanung muss neben den offensichtlichen Geschäftsrisiken stets auch unwahrscheinliche Ereignisse mit hohem Schadenspotenzial einbeziehen. Das Unternehmen muss sich in die Lage versetzen, schwache Signale auf den Märkten wahrzunehmen, die auf eine Disruption oder Gefährdung des Geschäftsmodells hindeuten. Für die Szenarioplanung müssen die Wahrscheinlichkeit und der finanzielle Effekt berechnet werden.

6. Transparenz im Hinblick auf die Fortbestehensprognose

Eine positive Fortbestehensprognose behandelt im Kern die Frage, ob die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist. Der BGH definiert dies als Prognose der Lebensfähigkeit.

Wie dies zu geschehen hat, formuliert nun auch § 1 StaRUG: Erforderlich ist demnach die fortlaufende Überwachung von Entwicklungen, welche den Fortbestand des Unternehmens gefährden können.

Wie dies im Einzelnen oder konkret zu geschehen hat, dafür existieren aber weder konkrete juristische Vorgaben noch ein Patentrezept.

Unsere Erfahrung zeigt, dass bei Unsicherheiten bezüglich grundlegender Annahmen, etwa bezüglich der Erfolgsaussichten einer Refinanzierung, die Einschätzung eines neutralen Dritten zur Dokumentation der Vertretbarkeit der Annahmen der Geschäftsleitung erforderlich ist. Finanzierer, aber auch Kunden und weitere Stakeholder, wollen auf einen objektiven Blick auf das Zahlenwerk vertrauen.

Ein Einfallstor für eine unrealistische Fortbestehensprognose besteht darin, dass die Liquiditätsplanung für die nächsten 24 Monate nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht. Auch hier zeigt sich, dass eine externe Beratersicht hilfreich ist: Gerade die komplexen Schnittstellen zwischen Fachabteilungen können durch einen Blick "von außen" im Rahmen der Erstellung einer Liquiditäts- oder Businessplanung vernetzt betrachtet und in ihrer Komplexität gewürdigt werden.

Auch wenn eine Liquiditätsplanung in wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten wie eine lästige Pflichtübung erscheinen mag, sind etablierte Prozesse und vor allem die Kommunikation von Fachabteilungen untereinander wichtige Voraussetzungen dafür, in einer Krise die richtigen Schlüsse zu ziehen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Diese notwendige Kommunikation kann von einer neutralen externen Instanz besser orchestriert werden als von einem internen Player. Roland Berger steht insofern für Transparenz und das Vertrauen aller Beteiligten in eine erfolgreiche Umsetzung der Restrukturierung.

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