Volldigitalisierte Lieferketten als Antwort auf die Herausforderungen im Einzelhandel
Was der Handel tun muss, um sein Geschäft zukunftsfest zu machen
Der Einzelhandel und besonders seine Lieferketten stehen vor einschneidenden Veränderungen: Politische und gesellschaftliche Unsicherheiten, die Auswirkungen des Klimawandels und demografischer Trends, neue Produkte und Geschäftsmodelle sowie veränderte Kundenansprüche – diese und weitere externe und interne Faktoren zwingen die Unternehmen, ihre Lieferkettenstrategien zu hinterfragen und an den Wandel anzupassen. Wir haben acht zentrale Supply Chain Paradigmenwechsel identifiziert, die hierbei berücksichtigt werden sollten. Im Ergebnis muss eine radikal digitalisierte Lieferkette entstehen. Einfach auf die neuesten technologischen Trends aufzuspringen ist dabei allerdings kein erfolgversprechender Weg. Vielmehr gilt es auf Basis des individuellen Status quo ein passendes Gesamtkonzept zu erarbeiten und die richtigen Schritte zu dessen Umsetzung einzuleiten.
Lieferketten sind die Schlagader des Einzelhandels – nur wenn sie reibungslos funktionieren, können die Unternehmen die Ansprüche ihrer Kunden befriedigen und erfolgreich wirtschaften. Umso wichtiger ist es, dass die Prozesse höchst effektiv und effizient ablaufen. Da Lieferketten heutzutage internationale oder sogar weltumspannende Netzwerke sind, werden sie anfällig für eine Vielzahl an Störfaktoren. Solche Einflüsse treten gerade in der heutigen Zeit immer häufiger auf, sie kommen sowohl aus dem Umfeld als auch von intern und sie haben einzeln und in Kombination erheblichen Einfluss auf die Lieferketten.
Zu den externen Faktoren gehört zum Beispiel die Politik: Weltweit zunehmende nationalistische und globalisierungskritische Tendenzen führen zu Handelskonflikten, höheren Zöllen und Kosten für die Unternehmen. Aber auch strengere Klimaschutzgesetze, Datenschutzregeln oder Arbeitnehmerrechte betreffen den Einzelhandel und seine Güterströme, zudem fehlen häufig gesetzliche Rahmenbedingungen für neue Technologien oder Produkte. Ein weiterer Faktor ist die wirtschaftliche Entwicklung: Wachstum im Einzelhandel findet heute vor allem in Schwellenländern statt, während unbegrenzter Konsum in den gesättigten westlichen Märkten zunehmend hinterfragt wird. Dazu kommen Einkommensunterschiede, die die Nachfrage regional beeinflussen, aber auch Herausforderungen wie der Mangel an Arbeitskräften, welcher bereits zum Beispiel Deutschland betrifft.
Klimawandel als Herausforderung für Lieferketten
Weitere externe Faktoren sind der Klimawandel und die Demographie: Lieferketten tragen einerseits selbst zum Klimawandel bei, müssen also in Bezug auf transportbedingte Emissionen optimiert werden; andererseits bedeuten zum Beispiel wetterbedingte Produktionsausfälle oder unterbrochene Infrastruktur Risiken für den Nachschub im Einzelhandel, denen durch regionale Diversifizierung begegnet werden muss. Demographische Entwicklungen dagegen verändern nicht nur die Kundenbasis durch alternde Bevölkerungen und abnehmende Haushaltsgrößen, sondern sorgen durch die weltweit zunehmende Urbanisierung und in der Folge überlastete Infrastrukturen auch für logistische Herausforderungen.
Brancheninterne Faktoren betreffen unter anderem die Verkaufsstrategie. Sie muss den veränderten Ansprüchen der Konsumenten gerecht werden, für die Online-Verfügbarkeit, schnelle und bequeme Lieferung, Produkterlebnis statt -besitz, Nachhaltigkeit und ähnliche Kriterien immer wichtiger werden. Für den Handel bedeutet dies weiteren Wachstum im Online-Geschäft, ein Omnichannel-Geschäftsmodel als langfristiges Ziel sowie einen steigenden Bedarf an kreativen neuen Geschäftsideen wie Pop-up-Konzepten oder Shopping-Events. Dafür müssen die Lieferketten optimiert werden, während gleichzeitig die nach wie vor hohe Preissensibilität der Kunden in Kombination mit allzeit verfügbaren Onlinevergleichen zu einer hohen Effizienz zwingt. Dazu kommt ein wachsender Wettbewerb, zum Beispiel durch neue Hersteller und Marken, die unter Umgehung des traditionellen Handels über Online-Kanäle direkt die Endkunden ansprechen. Auch die steigende Nachfrage nach lokal oder regional hergestellten Produkten, vor allem im Lebensmittelhandel, sowie immer kürzere Produktzyklen verlangen neue Wege in der Beschaffung.
Zusammenfassend ergeben all diese Faktoren vier zentrale Herausforderungen für Einzelhändler und ihre Lieferketten: Eine zunehmende Unsicherheit durch politische und regulatorische Instabilitäten und einen schwer vorherzusehenden Einfluss des Klimawandels; eine wachsende Komplexität, unter anderem durch die zunehmende Vielfalt an Geschäftsmodellen, Kanälen und Herstellern; anspruchsvollere Kundenerwartungen in Bezug auf Qualität, Auswahl, Preis und jederzeitige Verfügbarkeit des Sortiments; einen anhaltenden Kostendruck, zum Beispiel durch Fachkräftemangel und Ressourcenknappheit bei gleichzeitigem Preisdruck aufgrund gesättigter Märkte und zunehmenden Wettbewerbs.
Die acht Paradigmen-Wechsel für eine zukunftsfähige Lieferkette
Diese Herausforderungen zwingen den Einzelhandel, den Status quo zu überdenken und eine Vision für eine zukunftsfähige Lieferkette zu entwickeln. Dazu müssen sie acht Paradigmen über Bord werfen und durch neue ersetzen:
Die Umsetzung dieser Paradigmen-Wechsel erfordert den Einsatz der gesamten Bandbreite digitaler Technologien – von Robotern über Big Data-Analysen bis hin zu Künstlicher Intelligenz: Nur durch eine radikale Digitalisierung der gesamten Lieferkette wird es möglich, den Fluss von Informationen und Waren so effizient, flexibel, schnell und kostengünstig zu machen, wie es der Wandel im Einzelhandel erfordert (vgl. Grafik).
So erlauben zum Beispiel Big Data-Analysen, das Verhalten der Kunden besser zu verstehen und so die Nachfrage zeitlich und örtlich vorherzusagen. Mit diesem Wissen lassen sich Lieferkettenschritte von der Produktion bis zur Lieferung maßgeschneidert an den Bedarf anpassen. Mit künstlicher Intelligenz können Planung und Prognosen verbessert, ein effizientes Lagerhaltungssystem sichergestellt und Prozesse wie die Auswahl von Zulieferern optimiert werden. Und das Internet der Dinge erlaubt eine zunehmend autonom ablaufende Realtime-Steuerung von Lieferkettenprozessen.
Ein Abgleich der verfügbaren digitalen Technologien mit den acht Paradigmen der zukunftsfähigen Lieferkette zeigt, dass es nicht DIE EINE Technologie gibt, mit der sich alle Herausforderungen lösen ließen (vgl. Grafik). Getreu der Devise „das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile“ braucht es vielmehr eine kluge Kombination aus den verschiedenen digitalen Werkzeugen, um im Zusammenspiel das Optimum herauszuholen. Dabei muss immer die individuelle Situation des Unternehmens wegweisend sein. Deshalb empfiehlt sich ein Vorgehen in vier Schritten – wobei diese nicht nur einmal durchlaufen werden sollten, vielmehr geht es um eine kontinuierliche Spirale der Optimierung:
Damit behalten Einzelhandelsunternehmen die Hoheit über die Transformation ihrer Lieferkette in ein vollständig durchdigitalisiertes System. Denn einfach den jüngsten Trends hinterherzulaufen, ist auf Dauer nicht erfolgreich. Vielmehr gilt es, ein Gesamtkonzept zu entwickeln und umzusetzen, um die zentrale Schlagader des Handels zukunftsfähig zu machen.
Für weitere Informationen oder die vollständige Studie kontaktieren Sie gerne unsere Experten Matthias Hanke und Jens Kilimann .