Wege aus der Rohstoffabhängigkeit
Von Wolfgang Bernhart und Manfred Hader
Wie Deutschland die Rohstoffe für eine zukunftsfähige Wirtschaft sichert
Der Wohlstand Deutschlands im 21. Jahrhundert hängt entscheidend davon ab, die doppelte Herausforderung von Dekarbonisierung und Digitalisierung erfolgreich zu meistern. Die sichere und stabile Versorgung der dafür kritischen Rohstoffe ist dabei unverzichtbar. Sowohl in der Elektromobilität als auch im Energiebereich wird der Bedarf an mineralischen Rohstoffen steigen.
Umso kritischer sind die einseitigen Importabhängigkeiten zu bewerten, die von Roland Berger und BDI gemeinsam herausgegebene Studie Wege aus der Abhängigkeit. Wie Deutschland die Rohstoffe für eine zukunftsfähige Wirtschaft sichert analysiert wurden.
Dabei wurden alle Rohstoffe, die von der EU-Kommisssion als für die Schlüsseltechnologien der Zukunft relevant erachtet werden, untersucht. Im Ergebnis zeigt sich, dass Deutschland bei der Versorgung mit kritischen Rohstoffen häufig von wenigen Ländern abhängig ist. Von den untersuchten 48 Rohstoffen ließ sich im Jahr 2023 bei 23 Rohstoffen eine hohe bis sehr hohe Importkonzentration feststellen. Und diese Abhängigkeit hat sich zuletzt noch verstärkt.
Betrachtet man nicht nur die Rohstoffe in ihrer Rohform, sondern auch weiterverarbeitete Rohstoffe, verschärft sich das Bild der zunehmenden Importkonzentration. Besonders deutlich wird dies am Beispiel Lithium. Während die Konzentration der deutschen Importe von Lithiumkarbonat trotz weiterhin hoher Konzentration eine sinkende Tendenz aufzeigt, steigt die Tendenz der Konzentration bei weiterverarbeiteten Lithiumprodukten wie Akkumulatoren und Batterien schnell und stark an. Importierte Deutschland 2014 noch 18% seiner Lithium-Akkumulatoren aus China, waren es 2024 bereits 50%.
Diese Entwicklung nimmt die Studie zum Ausgang für die Kalkulation eines Szenarios: Welche Auswirkungen hätte es, wenn diese Importe aus China eines Tages wegfallen würden? Die Studie analysiert ein solches Szenario am Beispiel des Wegfalls lithiumhaltiger Produkte aus China. Welcher volkswirtschaftlicher Schaden entstünde so für Deutschlands verarbeitendes Gewerbe?
In einem ersten Schritt berechnet die Studie dies allein für die Automobilindustrie und kommt zu dem Ergebnis, dass der unterstellte Importausfall einen Verlust von 42 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung im Automobilsektor direkt zur Folge hätte. Berücksichtigt man zusätzlich indirekte und induzierte Effekte beziffert die Studie den Wertschöpfungsverlust für die Automobilindustrie auf 88 Milliarden Euro.
Aber lithiumhaltige Produkte werden natürlich nicht nur in der Automobilindustrie verwendet, sondern auch in allen anderen Sektoren des verarbeitenden Gewerbes. Berücksichtigt man auch diese, wäre der von einem Ausfall von Lithium-Produkten betroffene Schaden ungleich größer. Die Studie geht insofern von einem volkswirtschaftlichen Gesamtschaden von 115 Milliarden Euro im Falle eines Ausbleibens chinesischer Lithium-Importe aus.
Damit genau das nicht eintritt, schlägt die Studie ein Maßnahmenpaket vor, das wesentlich auf drei Säulen beruht: Ausweitung der inländischen oder europäischen Rohstoffförderung sowie Weiterverarbeitung von Rohstoffen, Resilienz der Rohstoffimporte durch Diversifizierung der Lieferketten sowie technologische Innovationen, u.a. im Sinne einer Kreislaufwirtschaft.
Melden Sie sich jetzt an, um die vollständige Rohstoffstudie herunterzuladen. Zusätzlich erhalten Sie regelmäßige News und Updates direkt in Ihre Inbox.