Automated Trucks
The next big disrupter in the automotive industry?
Strenge gesetzliche Regelungen bei Lenkzeiten und Sicherheitsvorschriften, Personalmangel, steigende Betriebskosten – die Transportbranche kämpft seit langem mit den immer gleichen Problemen. Die meisten davon ließen sich durch den Einsatz autonom und automatisch fahrender Lkws lösen. Deshalb haben die Nutzfahrzeug-Experten von Roland Berger in ihrer neuen Studie "Automated Trucks – The next big disrupter in the automotive industry?" den Status quo der Technologie analysiert und Vorteile sowie Schwierigkeiten erfasst, die automatisierte Lkws für Hersteller und Transportunternehmen mit sich bringen.
"Der Zeitpunkt rückt näher, an dem Lkws zunächst auf Autobahnen vermehrt von technologischer Intelligenz gesteuert werden", sagt Norbert Dressler, Partner von Roland Berger und Nutzfahrzeugexperte. "Das bildet den Endpunkt einer allmählichen, mehr als 15 Jahre dauernden Entwicklung, bei der der Eingriff durch den Fahrer immer geringer wurde. Schon heute verfügen viele Lkws über Systeme wie Stauassistent oder Spurhalteassistent. In der Phase der Vollautomatisierung werden eigenständig agierende Fahrzeuge unter allen Verkehrsbedingungen fahren können, eventuell sogar vollkommen ohne Fahrer." Dabei geht jede Stufe der Automatisierung mit einer höheren Systemkomplexität und steigenden Kosten einher: von 1.800 US-Dollar je Lkw für Phase 1 bis hin zu 23.400 US-Dollar je Lkw in der letzten Phase 5, der Vollautomatisierung. Ein wichtiger Kostenfaktor dabei ist die Software, die rund 85 Prozent der Gesamtkosten ausmacht.
Andererseits sinken durch die zunehmende technische Ausstattung auch die Betriebskosten: "Einsparungen bei den Kraftstoff- und Fahrerkosten tragen am meisten zur Amortisation der hohen Anfangsinvestitionen bei", sagt Dressler. Die Branche muss dabei nicht bis zur Endphase der Automatisierung warten, um Einsparungen zu realisieren: Schon in der ersten Phase sind Kraftstoffeinsparungen von rund sechs Prozent möglich (z.B. durch Konvoifahrten, das so genannte Platooning). Die größte Kostenersparnis gibt es in Phase vier, wenn der Fahrer vorgeschriebene Ruhezeiten einlegen kann, während der Lkw autonom weiterfährt. Die Fahrerkosten sinken dadurch um weitere sechs Prozent. In Phase fünf, wenn Langstrecken-Lkw gar keinen Fahrer mehr benötigen, werden die Fahrerkosten sogar um 90 Prozent sinken. Weitere Einsparungen ergeben sich durch geringere Versicherungskosten, weil das automatisierte Fahren für mehr Sicherheit sorgt und dadurch die Anzahl der Lkw-Unfälle bis 2040 um 90 Prozent sinken könnte.
"Die Amortisationsdauer für die Flottenbetreiber hängt sehr stark vom Einsatzbereich ab", sagt Roland Berger-Experte Dressler. "Lkws im Fernverkehr mit Lkw-Korridoren könnten einfacher in Kolonnen fahren, sodass sich die Investitionen schneller bezahlt machen." Bei anderen Einsatzbereichen wird die Amortisation länger dauern, als die Flottenbetreiber in der Regel erwarten. Das Bild ändert sich wiederum in den Phasen vier und fünf, wenn die Einsparungen bei den Fahrerkosten hinzukommen und eine schnellere Amortisation ermöglichen.
Aus der weiteren Entwicklung des autonomen Fahrens ergeben sich für Lkw-Hersteller und Transportbranche vier wichtige Erkenntnisse:
Für die Roland Berger-Experten steht fest, dass die Anwendungsmöglichkeiten der Automatisierung von Lkw erhebliche Vorteile und Chancen für die gesamte Wertschöpfungskette der Transportbranche bieten. Diese in die Praxis umzusetzen, wird jedoch nicht leicht sein. Dressler geht davon aus, dass die Technologie sehr viel früher zur Verfügung stehen wird, als sie von der Transportbranche angenommen wird. "Dennoch sollten die Unternehmen, aber auch Branchenorganisationen und der Gesetzgeber sich rechtzeitig damit auseinandersetzen, denn die Art des Lkw-Fahrens und damit der Gütertransport insgesamt werden sich grundlegend verändern."
The next big disrupter in the automotive industry?